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BullittNaja, das klingt immer noch ein bisschen so wie zu Napster-Zeiten, inzwischen finde ich die Argumente nicht mehr wirklich zwingend. Ich will ja nicht behaupten, dass die bestehenden Distributionswege perfekt sind, aber es gibt sie. Zumindest bei Musik. Bei Filmen ist es wegen der verschiedenen Auswertungsfenster nochmal eine andere Kiste.
Habe eben erst gesehen: Das gerade erschienene Album von First Aid Kit kostet bei Amazon als DL 5 €, den Titeltrack einzeln gibt es gratis und jeder weitere Track kostet einzeln 90 Ct. Eigentlich ein fairer Deal. Ich kriegs aber mit genauso vielen Klicks bei einem Filehoster für lau. Ich sehe nicht, wie man dieser Umsonstkultur ein funktionierendes und gleichzeitig profitables Geschäftsmodell entgegen setzten könnte. Angesichts dessen, was bei megaupload über die Server geflutscht sein muss, haben die nur Peanuts erwirtschaftet. Solche werbefinanzierten Flatrates können deshalb kaum als Vorbild dienen.
Musik hatte ich nicht gemeint, da wird es inzwischen andere Möglichkeiten geben (kann ich nicht beurteilen, weil ich das nicht nutze). Bei Film und in Zukunft auch bei Büchern läuft es ähnlich ab wie bei Musik: erst fleißig vorangetriebene Digitalisierung auf eigenen Datenträgern, dann Entsetzen, wenn diese Datenträger entschlüsselt werden. Lobbyismus bei der Regierung diverse Grundrechte der Bürger im Internet auszusetzen (Meinungsfreiheit, Privatbesitz). Dann wiederwillig Einrichten sanktionierter Download-Möglichkeiten bei völlig überzogenen Preisen, in der Hoffnung nach den Datenträgern auch nochmal mit Downloads eine große Summe abgreifen zu können. Die illegalen Angebote bleiben, es folgt lautes Wehklagen über den Untergang der Kultur (meint aber vermeintlich ausbleibende Gewinne) und zweifelhafte „Rettungsaktionen“ mittels (in D) Abmahnungsindustrie und „Polizeiaktionen“.
Zweitens: ich kenne keine ernsthafte Untersuchung, die die einbrechenden Gewinne beispielsweise der Musikindustrie zu 100% den illegalen Downloads zurechnen kann. Teilweise haben Untersuchungen ja erwiesen, dass Downloader eher zusätzlich zu legalen Angeboten greifen. Heißt: wenn zweifelhafte Quellen ermitteln, dass ein track 4 Millionen mal illegal heruntergeladen wurde, heißt das nicht, dass er auch legal 4 Millionen mal (zusätzlich zum legalen Geschäft) verkauft worden wäre, ja heißt noch nicht mal sicher, dass der track häufiger verkauft worden wäre, als es so schon passierte.
Drittens: ich habe hier Platten mit dem stilisierten Totenkopf „Home taping is killing music“ – es gab schon mal die große scare. Der unmittelbare Untergang der Musikindustrie stand bevor, als die Taperekorder für den Heimgebrauch erschwinglich und nutzbar wurden. Der Untergang ist ausgeblieben, es gab Kopierabgaben auf die Kassetten und Geräte und die Hysterie ging zurück, zumal man ja kurz darauf mit der CD riesige Gewinne einfuhr. Ich kann nicht sehen, warum das nicht auch ein Modell für das digitale Zeitalter sein soll (nenn es Kopierabgabe, Kulturflatrate, Rettungsabgabe für notleidende Manager, whatever). Mit tapes konnte ich damals Bekannten eine Kopie einer Platte ziehen und sie konnten das Album anhören. Wollten sie es in den Händen haben, mussten sie es eben kaufen. Warum sollte das heute anders sein.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.