Re: The Magnetic Fields – Love at the Bottom of the Sea

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jan-lustiger

Registriert seit: 24.08.2008

Beiträge: 11,203

Gut, dass du den Thread hochholst. Könnte ein Moderator ihn zu den aktuellen Platten verschieben und eine Umfrage anfügen? Danke!

Meine Eindrücke:

„Love at the Bottom of the Sea“ fügt sich trotz der Wiederkehr der Synthesizer ziemlich nahtlos an die anderen Post-„69 Love Songs“-Alben an. Auf jeder dieser Platten gibt es zumindest einen Standout-Track, der zum besten gehört, was die Magnetic Fields gemacht haben („I Don’t Believe You“ auf „i“, „California Girls“ auf „Distortion“, „You Must Be Out of Your Mind“ auf „Realism“ und jetzt eben „Andrew in Drag“ auf „Love at the Bottom of the Sea“), aber ein wirklich großer Wurf war keines davon.

Stephin Merritts Songwriting – auch wenn immer wieder mal brillant – hat abgebaut mit der Zeit. Ich vermisse seine mit surrealen Metaphern gespickten Texte über die Trübsinnigkeit des Alltags zu „Holiday“- und „Get Lost“-Zeiten ebenso wie die kaputte Liebenswürdigkeit dieser kleinen, verletzlichen Indie-Pop-Hymnen mit ganz viel Herz auf den „69 Love Songs“. Dass er das nicht mehr toppen wird – geschenkt. Aber etwas zu obvious ist die „Wittiness“ seiner Texte heutzutage schon. Über einen Song wie „Your Girlfriend’s Face“ habe ich beim ersten Hördurchgang geschmunzelt, doch schon beim zweiten mal war sein Reiz damit erledigt. Aber dann kommt so ein Gem wie „Andrew in Drag“, das in so wenigen Zeilen so witzig und tragisch zugleich ist und noch dazu durch vorbildlichste Charakterzeichnung besticht (und all das in nur 2 Minuten, Herrschaften!), dass man ihn doch wieder knuddeln möchte. Es gibt noch ein paar weitere Tracks auf der Haben-Seite (etwa „I’d Go Anywhere With Hugh“ oder „My Husband’s Pied-a-Terre“), aber keinen, der sonst noch wirklich heraussticht.

Musikalisch gesehen ist die Rückkehr zu den Synthesizern nicht mit einem Comeback zu den 90er-Magnetic-Fields gleichzusetzen. Sie nutzen die Sounds eher zum Spielen statt zur Atmosphärenerzeugung. Obwohl die letzten vier Alben von der Instrumentierung her alle gewollt unterschiedlich waren, so sind es die Songs doch nicht. Ich höre da schon eine ähnliche Herangehensweise an die Arrangements, nur halt mit anderen Instrumenten. Und bin ich eigentlich der einzige, der die Beförderung von Shirley Simms zum vollwertigen Bandmitglied nicht gutheißt? Nichts direkt gegen Shirley, sie singt gut, aber ist überflüssig, da Claudia Gonsons Stimme in ihrer Mädchenhaftigkeit einen viel schöneren Kontrast zu Stephin Merrits Bariton ergibt. Claudia und Stephin singen beide sehr eigen, technisch nicht perfekt aber unglaublich charmant und das auf sich total entgegengesetzte Weise. Da wirkt Shirley etwas verloren und trotz technischer Überlegenheit gegenüber den anderen beiden eher ordinär.

Fazit: Okaye Platte, die sich in erster Linie für den Standout-Track (den es allerdings auch auf 7″ gibt) lohnt, aber für Nicht-Magnetic-Fields-Fans verzichtbar.

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