Re: 2012 – Erwartungen und Eindrücke

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gypsy-tail-wind
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SokratesWenn man sich schon für intellektuell, tonangebend und überlegen hält, müsste ein Hauch kritischer Distanz möglich sein, allein schon, weil niemand perfekt ist, auch NC nicht. Statt dessen: Kniefall mit schwärmerisch romantischem Unterton im Joachim-Kaiser-Gedächtnismodus – Fanhaltung, aber, wie gesagt, intellektuell verbrämt.

Das sehe ich ganz anders, ich freue mich stets darüber, wenn eine Konzert- oder Plattenbesprechung aus purer Leidenschaft abgefasst wird. Genau diese „kritische Distanz“, die Du einforderst, verdirbt mir Tag um Tag die Musikkritiken, die ich zu lesen kriege, diese Unfähligkeit, etwas einfach mal gut und toll und überwältigend zu finden, immer einen oder besser gleich mehrere Einwände, Nörgeleien anzubringen, die oft – fasten your seatbelts! – mit unnötigem intellektuellem Überbau präsentiert werden, diesen zur Rechtfertigung freudloser, impotent-besserwisserischer Argumente zu benötigen scheinen.
(Und wie war das genau mit dem liebedienerischen Ton? Ein wunderbares Kompliment, das allerdings sprachlich anders rauskam als beabsichtigt, oder?)

Abgesehen davon zeichnet sich bei mir eine eher mittelprächtige Bewertung des Albums ab, die ursprünglich mittelgrosse Euphorie ist etwas verflogen. Da ich mich nicht schäme, in der peinlichen Jazzecke intellektuell verbrämte Peinlichkeiten peinlichst zu verbreiten, in Sternen ausgedrückt ein Abstieg von **** auf ***1/2.

Übrigens, was die Suche nach den Bezügen, der Herkunft, den aufgespannten Netzen geht – tolo, ich bin mir sicher, dass das Aufdecken, Entdecken, Herstellen von Bezügen auch in Deinem Denken und Erforschen der Welt (und damit auch der Musik oder des „Cherry Thing“-Albums) zu den spannendsten und befriedigendsten Tätigkeiten gehört. Will man das Spiel für einmal nicht mitmachen, ist das noch lange kein Grund, anderen irgendwelche Abgehobigkeiten an den Kopf zu werfen.

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