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vorgartennaja, es geht da ja um schönheit und menschlichkeit. und wenn menschen sich öffnen, traurigkeit zulassen, emotional brüchig werden, ereignet sich – wenn das wirklich musikalisch einen ausdruck findet – etwas sehr schönes, berührendes. technische perfektion, spaß, tanzbarkeit sind auch wichtig und auch toll, aber da tritt der musiker ja oft eher hinter die musik zurück. ich mag am jazz eben das menschliche, dass da jemand steht und aus dem moment schöpft, aus sich selbst, im kommunikation mit den mitmusikern, ohne sich hinter sehr viel mehr gerüst verstecken zu können. und er hat eben nur seine – im besten fall – einzigartige, unverwechselbare stimme.
Schön gesagt! Dem schliess ich mich an! Die Reichhaltigkeit, die grosse Vielfalt an individuellen Stimmen, finde ich ja gerade das grosse Faszinosum im Jazz. Oder zumindest eins der grössten, für mich wichtigsten – andere gehen natürlich in konzeptionellere Bereiche… eigene Musikwelten erschöpfen (wie bei Mingus, Ellington, Sun Ra), komplexe eigene Konzepte entwerfen und umsetzen (wie bei Henry Threadgill oder Roscoe Mitchell oder Anthony Braxton). Aber letztlich bleibt das alles graue Theorie, wenn in der Umsetzung nicht der eigene, persönliche Touch hinzukommt.
Ein perfektes Beispiel dafür aus jüngster Zeit ist Matana Roberts erstes Album aus ihrem zwölfteiligen Zyklus „Coin Coin“ (hier – gibt auch nur die CD, aber für den Preis würd ich zur tollen 2×10″+CD-Ausgabe greifen, ich hab sie und sie gehört bei mir wie bei vielen Fori und Forae zu den besten Alben des Jahres!). Bei Roberts fliessen Konzepte und persönlicher Ausdruck zusammen, bzw. noch vielmehr ist das Konzept schon persönlich (es geht um eine – wie sehr historische und wie sehr fiktionalisierte weiss ich nicht – musikalische Aufarbeitung der eigenen Geschichte, der Geschichte der schwarzen in den USA, ganz besonders der Geschichte der schwarzen Frauen in den USA). Wenn ich jetzt noch anfüge, dass rituelles in die Konzerte einfliesst und der „score“ eine Art Bilderbuch ist, klingt das vielleicht nach etwas gar viel… aber am Ende steht da eben Musik von enormer Intensität und Emotionalität, die in jeder Hinsicht beeindruckend ist!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba