Re: bft 6 – gypsy tail wind

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vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

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2.1 ich weiß zwar schon, was das ist, aber ich muss das doch mal ausgesprochen loben. der klarinettist gehört für mich zu den allertollsten jazzmusikern hierzulande (es gibt ja merkwürdig viele deutsche jazzklarinettisten – koltermann, jörgensmann, petrowsky…) und es ist schön zu sehen, dass er jetzt endlich auch mal ein bisschen glanz abkriegt (vor allem durch das maxi-sickert-buch). das hier ist natürlich sehr coltranesk und village-vangaurdistic, der drummer rumpelt in seiner ganz typischen art und weise (mit ihm habe ich bei DER BAND wohl am meisten probleme, obwohl ich ich auf seine art schon toll finde), der bassist umspielt das super und der pianist … stört nicht… nein, in der tat ist das das erste stück mit ihm, wo ich ihn echt gut finde. ist natürlich pianistisch auch eine tolle vorlage. schön in der komposition ist das kleine afro-blue-zitat. wenn ich das richtig sehe, sind von der session nur zwei stücke erschienen, kombiniert mit sachen einer ganz anderen band. es ist aber auch auf einem sampler, bei dem sich letztens katharsis bedient hat.

2.2 ich bin da vielleicht etwas simpel gestrickt, aber ich schmelze bei diesem kleinen (wenn auch langen) groove/vamp-stück echt dahin. so ein typisches letztes-stück-des-albums. aber wie das gespielt ist in dieser reduktion – großartig. ich langweile mich keine sekunde lang. der drummer ist toll, der hat viel jackdejohnette gehört, aber ich will da keinen der drei gesondert hervorheben, die kriegen das zusammen hin, mit ganz viel andeutungen und feinheiten. ist auch toll aufgenommen. abdullah ibrahim finde ich gar nicht so weit hergeholt. könnte das bob degen sein? mein favorit bisher.

2.3. rubato mit etwas miles-second-quintet-feeling. hier wird es aber wohl um den bass gegangen sein. bleibt alles schön in der schwebe. am ende darf der drummer alles ein bisschen aufmischen. ganz schöner kleiner sketch.

2.4 was soll ich sagen, kommt mir auf seine zackige art wieder recht bekannt vor. der pianist kriegt ein paar freiheiten, die er etwas „dass-darf-ich-jetzt-also-alles“-mäßig löst. ganz schöner altsound danach, da gibt’s tatsächlich ein paar marion-brown-anleihen und es wird insgesamt richtig gut. plötzlich ist alles formalistische weg. den trompetentempowechseltwist danach finde ich dann wieder den einen schritt zuviel. also doch ein bisschen verkrampft insgesamt.

2.5 das gefällt mir richtig gut, ist auch sehr intellektuell konzipiert, gerät aber sehr dicht und kommunikativ. pianist finde ich originell. tolles schlegelspiel des drummers. das ist auf jeden fall mehr als nur ein sketch. klasse.

2.6 schon wieder kirche, jetzt aber an die große orgel. finde die hallige akustik schwierig, das energyplaying etwas bemüht (ziemlich hilflos, der drummer) – dieses tonfarbenspiel am ende ist ganz hübsch. fühle mich aber irgendwie dabei, als würde ich auf einer harten bank sitzen und auf grauhaarige hinterköpfe und persianerkrägen schauen. nicht so mein ding (das gefühl und die musik).

2.7 mag ich auch nicht so. das thema ist mir zu weinerlich, bass & schlagzeug zu schematisch in der begleitung. natürlich sind die soli ok, aber insgesamt leiert mir das zu sehr.

2.8 damit geht es mir ähnlich, emotional rauscht es an mir vorbei. natürlich ist das nicht schlecht, aber mich lässt es nicht aufhorchen.

2.9 das geht jetzt wieder fett nach vorne, mit rhythmischen spielereien, r&b – um dann in einem mittelteil noch mal alles von 0 aufzubauen – und über diesen mittelteil hat man insgesamt zu lange nachgedacht, glaube ich. ganz schrecklich ist dann der pseudoblues, den das grobe klavier lostritt. aber ich höre jetzt mal auf zu meckern, höre nur vor lauter konzept hier keine musik mehr.

2.10 ich hoffe, an der posaune nicht immer nur den gleichen musiker zu hören… (hier natürlich schon, oder ich fresse einen besen). das hier hat witzigerweise auch was von abdullah ibrahim (der EKAYA-band), vor allem der flötist ist für diesen eindruck verantwortlich. finde ich alles sehr hübsch, aber auch ein bisschen vorhersehbar.

2.11 nein, nein und nochmals nein. hier glaube ich nichts und ergreife die flucht. so was bekommt doch immer den preis der deutschen schallplattenkritik. nicht zuende gehört.

2.12 das versöhnt mich sofort wieder. das knarzt und knackt und fetzt. super, diese rudimentäre schlagzeugbegleitung und die dräuenden bläserwolken. gutes altsolo. bisschen lang insgesamt, aber ist halt live und ein paar sollen drankommen. mir gefällt aber das drumherum besser als die solospots.

2.13 eine bigband in verschobenen phasen. sowas macht ja heutzutage peter herborn gerne. erst hat es was von braxton, dann kommt das synthetische (?) schlagzeug zwischendrin (sehr gewagt!). aber ist das wirklich gut?

2.14 das mittelalter tanzt. oder hopst. schon okay, so was zu setzen und frei zu umspielen. kriegt ab der hälfte schon eine schöne schräglage, inklusive rückkopplung. schade eigentlich, dass die meisten trotz allem im tonalen bereich bleiben – richtig loslassen ist halt schwierig. schöner ausklang.

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