Re: Ella Fitzgerald – The First Lady of Song

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gypsy-tail-wind
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1957 dokumentierte Norman Granz ausgiebig das Festival in Newport und veröffentlichte eine ganze Reihe von LPs, auf denen oft zwei Sets vereint wurden, so auch auf Ella Fitzgerald & Billie Holiday at Newport. Die Vorstellung, nebeneinander die Sets der wohl wichtigsten zwei Jazzsängerinnen überhaupt zu hören, mag neugierig machen, allerdings ist die Scheibe nicht halb so gut, wie man hoffen würde. Ella ist zwar bei guter Stimme, aber das Trio hinter ihr ist ziemlich untauglich. Don Abney (p), Wendell Marshall (b) und Jo Jones (d) spielen völlig unempathisch und machen einfach alle moves mit, ohne irgendwie mit Fitzgerald zusammenzufinden, manchmal fragt man sich, ob sie überhaupt zuhören… Der Start mit „This Can’t Be Love“ gelingt, aber schon in „I Got It Bad“ geht manches schief. Bei „I’m Gonna Sit Right Down and Write Myself a Letter“ herrscht dann offener Krieg zwischen Ella und der Band, sie will das Stück eindeutig schneller angehen. Dasselbe mit „April in Paris“. Aber die Scat-Chorusse in „Airmail Special“ machen sehr viel wieder gut, das lange Duo mit Jo Jones ist voller Überraschungen und grossartiger Einfälle.

Im Set von Billie Holiday war die Band zwar gut – ihr langjähriger Pianist Mal Waldron war dabei, dazu Joe Benjamin (b) und Jo Jones (d). Aber auf Billies Stimme war 1957 kein Verlass mehr und der Tag in Newport war kein ausserordentlicher Tag.

Die CD (erstmals die Verve Master Edition von 2000, dann auch die oben abgebildete 2007ner CD in der Newport „50th Anniversary“ Edition) enthält als Bonus auch das Set von Carmen McRae, das Granz damals nicht herausgeben konnte, weil McRae bei Decca unter Vertrag stand. Auch sie hatte Probleme mit der Band: als ihr Set begann, war bloss Eheman Ike Isaacs mit seinem Bass auf der Bühne, keine Spur von Ray Bryant und Specs Wright, dem Pianisten und dem Drummer. Sie nahm daher als Ersatz Junior Mance und Jimmy Cobb mit auf die Bühne. Erst ab dem dritten Song waren dann die regulären Begleiter zur Stelle.

Letzten Endes ist die CD ein faszinierendes Dokument, wie William Ruhlmann in seinen Notes (von 2000, für 2007 gekürzt) beschreibt:

Fitzgerald, at 40, may have been at the top of her form in 1957, while McRae, at 37, was a recently established star. Billie Holiday was only 42 but nearly in eclipse when she stepped out on stage on Saturday evening. Brought on appreciatively by songwriter Johnny Mercer, she gamely made her way through a six-song set of familiar material before a hushed crowd.

[…]

Holiday’s appearance was of a piece with what had gone before. While Fitzgerald struggled to work with her band and McRae struggled to work without hers, Holiday struggled to work at all. There is nothing more alive than such a battle against death.

These three premier jazz singers may not have had an easy time of it at Newport ’57, but each emerged with her own private (and public) triumph.

Holidays Set ist in der Tat etwas besonderes, bei jedem Song fragt man sich früher oder später, ob sie ihn überhaupt zu Ende bringen wird. Sie steht – mehr als zwei Jahre vor ihrem Tod – buchstäblich am Abgrund, und wie generell mit ihren späten Aufnahmen ist es auch hier etwas sehr spezielles, das zu hören. Es berührt, es bewegt, es nimmt mit. Nur ein Toter kann die Kälte haben, das ohne Regung anzuhören.

McRaes etwas heftiges Vibrato in der ersten Nummer nach Billies Set weckt in mir sofort den Impuls, die CD abzustellen… sie wirkt nach der Direktheit von Ella und der unbarmherzigen, zurschaugestellten Verletzlichkeit Billies deplaziert und sehr gekünstelt.
Fairerweise muss ich sagen, dass ich McRae nicht gut kenne, die paar Sachen, die ich kenne aber sonst ganz gerne mag, darunter auch ihr Holiday-Tribut von 1961 (mit einem tollen Sextett: Nat Adderley, Lockjaw, Walter Perkins u.a.), das Debut für Bethlehem von 1954, das schöne Decca-Album „Birds of a Feather“ von 1958 und ganz besonders das Novus-Album „Carmen Sings Monk“ von 1988.
In ihr Newport-Set findet sie allmählich rein, die Akrobatik nimmt etwas ab bzw. wirkt weniger aufgesetzt, die beiden Ersatzmusiker machen ihre Sache zwar gut, aber schon im Drum-Intro von „Skyliner“ wird klar, dass es erst jetzt richtig losgeht mit dem Konzert.

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