Re: Ella Fitzgerald – The First Lady of Song

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Im November 1961 traf Ella wieder auf Nelson Riddle, den Arrangeur, der ihre Jerome Kern und Johnny Mercer „Song Books“ eingerichtet hatte – und besonders das Meisterstück der ganzen Reihe, das Gershwin Song Book. An drei aufeinanderfolgenden Tagen spielten Ella und Riddle in Los Angeles das Album Ella Swings Brightly with Nelson und einige Stücke des folgenden Albums ein. Die gute Big Band bleibt unbekannt, die Altsax-Soli stammen vermutlich von Ronnie Lang. Nach all den Song Books war das eine willkommene Chance für Ella, im Studio in entspannter Atmosphäre altbekanntes und liebes Material zu singen. Auf dem Album liegt der Fokus – wie der Titel verrät – ganz auf dem Swing. Das Repertoire ist exzellent, wir hören tolle Versionen von Ellingtons „What Am I Here For?“ und „I’m Gonna Go Fishin'“ sowie Benny Goodmans „Don’t Be That Way“. Schon im Opener „When Your Lover Has Gone“ wird klar, dass Ella hier auf der absoluten Höhe ihres Könnens ist, ihre Stimme ist reif, warm, ihre Intonation perfekt, ihr Geschmack im Umgang mit den Songs vollkommen.

Der Rest des folgenden Albums Ella Swings Gently with Nelson wurde dann im April 1962 eingespielt. Ella und Riddle swingen immer noch, aber der Ton ist nachdenklicher, im Orchester sind auch Streicher zu hören, Ella singt herausragende Versionen von „Street of Dreams“ und „Georgia On My Mind“, doch schon im wunderbaren Opener „Sweet and Slow“ bin ich ihrem Zauber verfallen. Hier sollte noch dem letzten Zweifler klar werden, dass Ellas Fähigkeiten weit über ihre unglaubliche Technik hinausgehen: Sie singt die Balladen mit Wärme und mit einer direkten, entwaffnenden Ehrlichkeit. In Hoagys zu Tode gesungenem Klassiker fängt sie am Ende die klagende Stimmung genau richtig ein, obwohl sie zu einem ihrer tollsten melodischen Flüge abhebt und den Song verändert. Die Stimmung der Musik ist den 30ern und 40ern entlehnt, Riddles Arrangements seien „wonder of wonder, strong without being obtrusive – something one rarely hears these days but which was commonplace among the swing bands when Miss Fitzgerald was growing up musically.“ (John S. Wilson, Down Beat, 28. Februar 1963, zit. nach: James Gavin [April 1993], Liner Notes zum CD-Reissue von „Ella Swings Gently with Nelson“, Verve 519348-2, 1993).

Whisper Not wurde im Sommer 1966 in Los Angeles eingespielt und erhielt bei seinem Erscheinen ein Jahr später immerhin vier Sterne von Down Beat. Marty Paich hat erneut arrangiert, die Bandd ist mit Musikern wie Harry „Sweets“ Edison, Jimmy Rowles und Louis Bellson in der ersten bzw. Stu Williamson, Bill Perkins, Rowles, Al Viola und Shelly Manne in der zweiten Session exzellent ausgestattet, das Repertoire streut zwischen Klassikern („Sweet Georgia Brown“, „Spring Can Really Hang You Up the Most“, „Lover Man“, „You’ve Changed“, „Time After Time“ etc.), etwas Novelty („Old MacDonald“) und Songs jüngeren Datums („Matchmaker, Matchmaker“ aus dem Musical „Fiddler on the Roof“ und Bacharachs „Wives and Lovers“) ein. Die grosse Überrachung ist aber Benny Golsons „Whisper Not“, das an zweiter Stelle des Albums steht und mit einem Text von Leonard Feather gesungen wird. Ella zeigt hier, wie auch in einigen der Standards, einmal mehr ihr grosses Talent im Umgang mit nachdenklicherem Material.

Es war Ellas vorletztes Album in ihren elf Jahren für Verve, es folgte noch die Live-Aufnahme mit Ellington in Juan-les-Pins, danach zog Norman Granz sich als Produzent (für ein paar Jahre) zurück und Ella wechselte zu Capitol – vor dem oben erwähnten „30 by Ella“ spielte sie dort ein Album mit christlichen Hymnen und ein zweites Weihnachtsalbum ein. Es folgte noch ein Country-Album („Misty Blue“) und dann nach dem ebenfalls schon erwähnten MPS-Album der Wechsel zu Reprise, wo sie mit „Ella“ eine weitere unsägliche Scheibe zum Einstand machen musste (mit Songs von Smokey Robinson, Randy Newman, Bacharach und anderen, und als Closer most unpassendly Cropper/Floyds „Knock on Wood“). (Diese Scheibe steht soweit ich weiss noch immer im Plattenschrank meiner Eltern – bäh!)

Zum guten Glück schaltete sich 1969 Norman Granz (der weiterhin als Manager für Ella fungiert hatte, auch ihren Capitol-Vertrag eingefädelt, aber nicht beim Repertoire mitgeredet hatte) wieder ein und mit beim zweiten Reprise-Album, das im Mai aufgenommen wurde, waltete er auch wieder als Produzent. Für Things Ain’t What They Used to Be (And You Better Believe It) stellte er Gerald Wilson an, um ein paar Arrangements und eine Band zusammenzustellen. Das Repertoire war so bunt wie in den Jahren zuvor: „Sunny“ öffnet das Album, es folgt ein bunter Mix aus Jazz und Pop, Mancini und Ellington: „Manteca“, „Willow Weep for Me“ und „Black Coffee“ sind ebenso zu hören wie „I Heard It Through the Grapevine“, „Days of Wine and Roses“, „A Man and a Woman“ und „Things Ain’t What They Used to Be“. Die Band war gross und exzellent, es spielen u.a. Tommy Flanagan und Joe Sample, Bobby Hutcherson und Victor Feldman, Louis Bellson, Herb Ellis und Dennis Budimir, Ray Brown (auch am E-Bass zu hören), Harry Edison, J.J. Johnson, Jimmy Cleveland, Harold Land, Marshall Royal und Anthony Ortega. Solistisch zu hören sind Budimir (in „Days of Wine and Roses“ und „Willow Weep for Me“), Edison (in „Tuxedo Junction“, einem Stück aus Erskine Hawkins‘ Küche), sowie die Tenoristen Land („Things Ain’t…“) und Ray Bojorquez (im Closer „Just When You’re Falling in Love“, einer Adaption von Sir Charles Thompsons Klassiker „Robbins Nest“).
Jedenfalls macht Wilson hier alles richtig, was auf der MPS-Scheibe schief gelaufen ist. Ella singt locker und entspannt über den leichten, groovenden Arrangements (leicht ist übrigens relativ… „A Man and a Woman“ ist ja der leichteste aller Wegwerf-Pop-Titel, so schwer wie bei Wilson klingt er selten, und das ist gut so). Wilsons south of the border Anklänge, die vibrierenden Gitarren (Ellis spielt Rhythmus, Budimir die solisitschen Parts mit singenden, schwingenden und sehr warmem Ton – ganz wie Joe Pass auf Wilsons Pacific Jazz Alben der 60er), die satten, nie lahmen Grooves, die breite Klangpalette mit Piano (Flanagan), E-Piano (Sample), Gitarren, Vibes und unter den Bläsern auch Flöten, Klarinette und Horn – das alles sorgt für einen sehr abwechslungsreichen Background, vor dem Ella ihre Gesangskünste entfalten kann. Wilson gelingt dabei das Kunststück, trotz der sehr grossen Band nie zu dick aufzutragen, nie die Sängerin zu übertrumpfen (wie Nelson Riddle oben geht eben auch er eine ganze Weile zurück… 1969 war er schon ein Veteran, mit Jahrgang 1918 ist er nur ein Jahr jünger als Ella).

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