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vorgarten
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so, jetzt höre ich das seit einem tag und werde ein paar sätze los. meine ziemlich kritische, aber fortlaufende würdigung von steve colemans musik ist nämlich endlich mal wieder zu einer richtigen euphorie geworden. ich bin nicht der einzige, der das sagt, aber ich finde SYNOVIAL JOINTS wirklich das beste, was ich seit 10 jahren von ihm gehört habe. nach dem ziemlich kratzbürstigen quartett-album FUNCTIONAL ARRYTHMIAS (as, tp, b, dm), wo sich die beiden solisten auf klaustrophobisch engem raum in widerspenstigen rhythmen sehr ungeschmeidig bewegen mussten, ist das neue album ein völlig entspanntes ausatmen.
der große aufwand in der disparaten, heterogenen instrumentierung (streichquartett, kleiner bläsersatz, gitarre, klavier, flöte, stimme, viel & unterschiedlichste percussion, dazu die großartige rhythm section aus anthony tidd, b, und marcus gilmore, dm, und der co-solist jonathan finlayson, tp) dient einzig und allein dazu, für abwechslung zu sorgen, nicht, um bombastisch zu wirken. ständig passiert etwas, ändern sich die klangfarben durch neukombinationen der melodieführenden instrumente. der groove läuft permanent und ganz leicht. zwischen den flächigen elementen (die auskomponierten streichersätze, die endlosketten der bläser) greifen die „gelenke“ (die „synovial joints“) und halten beides in bewegung. es gibt keine sich befreienden soli, sondern nur ein beweglichwerden zwischen den zunächst sperrigen setzungen.
das alles wirkt völlig unangestrengt, nervt nie, läuft einfach. ist weniger in-the-face-originell wie lehman oder iyer, viel stärker auf groovekonzepte (afrocuba) und linienführung (threadgill vor allem) aus der afroamerikanischen tradition bezogen, aber der kick entsteht durch die leichtigkeit in der präsentation von sich permanent bewegenden details – dreht ein element frei, fließt es doch ein paar takte später wieder in große bewegung ein.
ein ideales einsteigeralbum für diejenigen, die sich mal mit coleman beschäftigen wollen – oder ein wiedereinsteigeralbum für diejenigen, die sich dafür interessieren, wo dieses doch sehr einzigartige konzept im jazz sich hinentwickelt hat.
das cover allerdings ist ziemlich schrecklich geraten (stammt vom gitarristen miles okazaki).
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