Re: George Lucas

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nail75

Registriert seit: 16.10.2006

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Sonic JuiceDiese höhnischen „Kritiken“ von RedLetter Media finde ich nicht lustig, sondern unerträglich armselig. Man möchte dem Typen mit der leiernden Stimme wünschen, dass er noch irgendwo ein echtes Leben findet außerhalb seiner analen Star-Wars-Fixierung.

Das heißt, du kennst die anderen Kritiken nicht? Schau dir unbedingt die Kritiken zu den Star Trek-Filmen an, besonders „Generations“. Und diese „Alter Mann, der nichts besseres zu tun hat, als über die Filme zu nörgeln“-Schiene finde ich klasse. Aber da gibt es ja noch einen „kleinen“ Twist.

Wenn man das so liest, kann man ja fast Mitleid mit Lucas haben. Aber dann doch nicht. Er hat bei Episode I-III einfach zu viele Fehler gemacht, ohne Not übrigens. Es gab offensichtlich niemand in seiner Organisation, der ihm widerspricht. Alle haben Angst vor ihm, das kann man im von Shanks angesprochenen Making Of deutlich sehen. Das arbeiten die Red Letter Media-Kritiken sehr deutlich heraus, besonders die zu Episode I.

Die Story von Episode VII ist zwar deutlich simpler gestrickt als die von I-III, weist aber mindestens genauso große Logiklöcher auf. Ist auch eine Leistung… (mir ist das relativ egal, aber es gibt dazu dutzende Links, wie Dir bekannt sein dürfte). Anakin taucht nicht „zufällig“ auf Tattooine auf, sondern weil er spürt, dass gerade irgendwas schlimmes mit seiner Mutter passiert ist (was sich dann als Entführung durch die Sand People herausstellt). Im Kontext der Star-Wars-Mythologie ist das also sehr schlüssig, wie auch sein schleichender Weg auf die dunkle Seite, die in seinem arroganten, ungeduldigen Charakter angelegt war und durch diverse äußere tragische Ereignisse getriggert wird.

Warum belässt Anakin seine Mutter jahrelang in der Sklaverei, während er zu einer außerordentlich mächtigen und einflussreichen Person heranwächst?

Meine Auffassung ist nicht, dass die Teile I-III makellos sind oder an die Teile IV-VI heranreichen. Das schaffen sie genauso wenig wie jetzt Teil VII. Es wäre wohl auch ein fruchtloses Unterfangen vor dem Hintergrund der sich über Jahrzehnte verfestigenden nostalgischen Erinnerungen und Erwartungen der Altfans. Der Moment, wenn man das erste Mal mit 10 Jahren Star Wars Ende der 70er/Anfang der 80er sieht, ist – wenn man Glück hatte – einer der ganz großen prägenden, überwältigenden, definierenden Kinomomente gewesen (so war es jedenfalls für mich), sowas lässt sich nicht wiederholen.
Ich bin aber mittlerweile der Auffassung, dass die Lucas-Teile jedenfalls ästhetisch und narrativ ambitionierter, spannender, wagemutiger und rücksichtsloser waren als der neue Teil. Und insofern einfach gehaltvoller und interessanter. Und das verdient m.E. Respekt, bei allen fraglichen bis falschen Entscheidungen, die so ein Autorenprojekt auch mit sich bringen kann (und die sich hier auch realisiert haben). Sie waren aber zumindest um eine neue innovative Sichtweise im Anschluss an den filmtechnischen Stand der Zeit bemüht, nicht um eine reine konservative Wiederholung als Futter für Fans. Aus Fansicht befriedigender ist natürlich „The Force Awakens“, der mir auch viel Spaß gemacht hat. Aber Abrams ist halt kein Visionär, sondern ein passabler Handwerker, der das große dramatische Potential der Story bei weitem nicht ausreizen konnte, dafür verharrt das ganze immer zu sehr in einer augenzwinkernden, halbironischen Verbeugung, die es allen recht machen will.

In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns eben – und da finden wir uns vermutlich auch nicht zusammen. Ich bin sehr dankbar, dass ein Handwerker die Aufgabe übernommen hat, Star Wars weiterzuführen. Mehr an Lucas’schen Visionen hätte ich nämlich nicht ertragen.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.