Re: George Lucas

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nail75

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pinchNick und Napo, ihr seid stets feine Beobachter und hochsensible Burschen in Sachen Film, hier allerdings auf dem Richard-Brody-Holzweg. ATTACK taugt wenig bis gar nicht, funktioniert weder filmisch noch auf irgendwelchen Metaebenen. Es ist ein reines Serialmittelstück, der Seifenoper-Charme ist nachgerade furchtbar penetrant und Lucas selbst hat mit diesem Film seinen Sturz in die völlige Infantilität schließlich komplett vollzogen. War STAR WARS noch eine kindliche und charmante Verarbeitung verschiedener Kino-Momente (von Flash Gordon bis Kurosawa), so sind Episode I-III leidglich formtote CGI-Epen, in denen sich die Darsteller mühsam durch das Drehbuch-Material bewegen.
Ich weiss nicht, was mit George Lucas passiert ist, aber irgendwas Ungesundes mag ihn geritten haben, dass er so eine alberne und naive Sache rausgehauen hat. Jüngst hat er die Methoden vom Disney-Konzern öffentlich als „White Slavery“ bezeichnet, was richtig und mutig war, kurz darauf ruderte er wieder zurück, entschuldigte sich für seinen Wortlaut und fand deren Praktiken dann plötzlich doch ganz gut. Diese seltsame Angepasstheit und Ängstlichkeit finde ich auch in seinen letzten drei STAR WARS-Filmen. Mich nervt das.

Dann wird dich dieser Teil der Red Letter Media-Kritik besonders interessieren, falls du sie noch nicht gesehen hat. Lucas versucht immer wieder klassische Szenen aus den alten Star Wars einzubauen, greift aber auch Dinge aus anderen bekannten, teilweise auch aus damals aktuellen Filmen auf.

Ich fand die Kritik an Disney nicht sonderlich geglückt, vor allem wenn sie von jemandem kommt, der Milliarden mit dem Verkauf verdient hat. Sein inhaltliche Kritik an den neuen Star Wars war völlig daneben, denn nach den seelenlosen CGI-Epen der Episoden I-III musste ganz dringend wieder etwas Emotionalität her, große Star Wars Momente. Ich weiß nicht, wie lange der neue Film vorhalten wird, aber er hat einige solcher Momente, die sagen: „Die letzten drei Filme waren nur ein böser Alptraum“.

Nick Longhetti
In seiner Übersteigerung steht er dem hintergründigen „What you see is not what you get“-Kino von Douglas Sirk oder Nicholas Ray sehr viel näher als dem klassischen Erzählkino. Er erzählt auch von Helden, Schurken, Freundschaften etc., bricht das aber alles.

Aber nicht absichtlich, sondern weil der Film einfach schlecht gemacht ist. Ich glaube auch nicht, dass Lucas mit dermaßen viel Hintersinn gearbeitet hat

„Star Wars“ ist hingegen ganz klassisches Erzählkino (und vielleicht steht er deshalb auch einigen hier deutlich näher), aber für mich kam er einfach nie wirklich gegen die Filme der ähnlich erzählenden Lucas-Kollegen Spielberg und (vor allem) John Milius an; er ist zu lang (bei diesen endlosen Luftschlachten ging ich schon als Kind gerne zur Toilette), zu öberflächlich und zu sehr für Fans (denn das was, wie nail75 es formuliert hat, „Star Wars“ groß gemacht hat, ist schlicht nicht an mich adressiert).

Als der Film herauskam, gab es aber keine Star Wars-Fans, insofern läuft dieser Teil deiner Aussage in Leere. Und den Rest der Kritik finde ich auch seltsam. Gerade Episode I-III bieten doch eine riesige Zahl von endlosen Kämpfen, die sich unglaublich ziehen. Da ist das Original sehr viel ökonomischer.

IrrlichtJa, artifiziell trifft es schon – aber nicht im Guten. All das, was Star Wars an Atmosphäre, Flow, Verspieltheit und Subtilität verband – wie Krautathaus schreibt, ist die Charakterzeichnung durchaus wichtig – ist hier enormer Künstlichkeit gewichen. Man kann den Grundstoff als „läppische Mythologie“ abtun, das wird m.E. den Filmen aber nicht gerecht.

Eben! Ich finde kurios, wie viele Leute, einschließlich George Lucas, Star Wars missverstehen. Es ist ein klassischer Underdog-Abenteuerfilm mit ein gewissen Maß an Weltraumexotik. Die Kunst ist die Ausgewogenheit. Es gibt den nerdigen Weltraumteil, aber es gibt kein Science-Babble. Es gibt die Liebesgeschichte, aber sie ist nicht aufdringlich. Es gibt die Guten und die Bösen, aber es ist kein banaler Gegensatz.

Ich finde kurios, wie hier klare Schwächen der ersten drei Episodon positiv ausgelegt werden – „Alle Figuren[…]sagen diese unfassbaren Dialoge ohne wirkliche Hingabe auf“ – ja, denn die Dialoge sind über weite Strecken einfach nicht gut und man hört das Papier rascheln.

Angeblich haben sich die Schauspieler ja auch wirklich nicht verstanden, besonders Portman und Christensen. Aber auch die ganzen Schauspielstars können dem Film keine Tiefe verleihen, weil da nichts ist. Letztlich ist Episode II kein Film für Menschen. Menschen mögen nämlich Geschichten mit anderen Menschen, aber in dieser Hinsicht bietet Episode II nichts.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.