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vorgartendas sehe ich ganz anders. auch „10“ ist ein großartiges album.
Das such ich nachher gleich… bzw. hab’s grad schon in einem Stapel entdeckt… werd mich wieder melden dazu! Hast Du’s schonmal irgendwo erwähnt? (Moran-Thread starten?)
vorgartensag ich ja. aber wenn man nach einfluss, szene-mittelpunkten, originalität geht, findet man auch heute vergleichbare musiker. die können ja nichts dafür, dass der jazz anders dasteht als zu parkers zeiten.
Ich wollte Dir auch nicht widersprechen, wir sind uns da einig. Aber dennoch gibt’s – das ist auch die Geschichte des Jazz seit den 60ern oder 70ern – diverse zersplitterte, kleinere „Zentren“. Dass ihnen weniger Aufmerksamkeit zukommt liegt nicht nur daran, dass Jazz noch randständiger geworden ist, sondern auch daran, dass man kaum noch einen Überblick haben kann Clayton Thomas etwa kenne ich noch kaum, dass der eins dieser „Zentren“ ist, weiss ich bisher erst von Dir!
Und wenn ich grad dabei bin… ob das mit Vijay Iyer wirklich was wird… ich hab da so meine Zweifel. Hab ihn auch live gesehen (im Duo mit Rudresh Mahanthappa) und empfinde seine Musik als sehr kalt, sehr akademisch, sehr „schau mal was ich tolles weiss und wie ich das alles umsetzen kann“… irgendwie oft fast mathematisch. Mir fehlt da bisher ein direkter Zugang, den ich irgendwann auch bei den Leuten haben will, die mich konzeptionell sehr faszinieren (was ich bei Iyer nicht behaupten könnte, pardon). Für mich hat Iyer etwa die Ausstrahlung eines genialen App-Entwicklers von Mac… irgendwie alles mathematisch, brillant, aber kalt.
vorgartendie gab es ja so noch nie – es war ja immer nur steve coleman, der die anderen um sich und seine konzepte versammelt hat – und das macht er ja bis heute. jüngstes erfolgsbeispiel eines absolventen der coleman-universität ist ja ambrose akinmusire, dessen gepriesener blue-note-erstling wirklich (im nicht allzu ausgefallenen postbop-kontext) ganz großartig ist (und übrigens von jason moran produziert wurde).
Hattest Du das schon mal erwähnt? Werde also Ausschau halten… wer spielt denn da sonst noch mit? Und das wär wohl auch was für Alex, oder?
vorgartendas ist in der tat ein (neues) problem – und auch unverständlich, denn die musiker in den 50ern haben ja auch an jazzhochschulen studiert oder zumindest beim vorbild in der nachbarschaft – und doch gab es da immer diesen drang, was neues zu machen, sich auszutauschen, während die avanciertere jazzmusik heute oft so klingt, als sei sie erstmal am schreibtisch entstanden. wahrscheinlich fehlen da eben die größeren, lebendigeren szenen. aber für die oben genannten gilt das nicht.
Ich will mich jetzt nicht zum Siechtum des wirtschaftsdiktierten Niedergangs des Bildungssystem äussern, aber ein Unterschied liegt wohl darin, dass damals viele Kurse belegten auf Musikhochschulel, oder mal ein Jahr studierten, während in der heutigen Papierli-gläubigen Zeit jeder einen Bachelor oder Master oder Postdoc oder was weiss ich für einen Schrott braucht… er muss ja später auch mal seine Brötchen verdienen (sprich ins Lehrerfach wechseln) können und darum braucht man einen ordentlichen Abschluss und all das… die Verbürgerlichung des Musikers. Ich will ja nicht sagen, in den 50ern, als alle dauernd an ihrer Drogensucht starben, sei alles besser gewesen, will kein Bohème-Leben verklären, über das ich nichts weiss… aber dass sich da ganz grundlegende Dinge verändert haben, scheint mir auf der Hand zu liegen. Und diese Veränderungen halte ich für einen zentralen Faktor darin, dass der „Mainstream“ heutzutage so irrelevant, akademisch und museal geworden ist… dass man Jazz eben quasi als Repertoire-Musik an der Hochschule lernt. Das halte ich für eine fatale Entwicklung.
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