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Helge Schneider hatte sich mit seinem ersten (kurzen) Film („Stangenfieber“) der unerläßlichen Couchtischsalzstangen angenommen, weil Sachen im Bildmedium in ihrereigenen Sprache sprechen können. Er braucht nur noch hinzuhören, die Situation zu benutzen, beim Zeitungsmann (Horst Mendroch) die „Wundertüte für den Herrn“ aufzureißen und spontan zu reagieren. „35 % Buch, 100 %Improvisation“, beschreibt er seine Dreharbeit. Unberechenbar ist er also, sagen die Professionellen. Doch einem Musiker, der die Kunst des Improvisierens beherrscht, wird nicht Ungeschick, sondern ganz im Gegenteil Talent bescheinigt. Und Helge Schneider ist unbestritten sonderbegabter Pianist und Jazzband-Leader. Als 18,19jähriger begleitete er stumme Dokumentar – („Schlagende Wetter“) und Spielfilme (Abel Gance, Lubitsch). 1982 erhielt er in Mülheim den Förderpreis des Ruhrpreises für Kunst und Wissenschaft. Der Geehrte wurde nicht repräsentativ. Er schrieb und spielte die Filmmusiken für Filme von Nekes und Schlingensief und trat in „Johnny Flash“ und in „Mutters Maske“ als Hauptdarsteller auf. Auch die Rolle des Krupp-Sohnes wurde in seinem Spiel ganz Gegenwart. Helge Schneider, aggressiv, exzentrisch und unberechenbar, verkörperte Deutschlands immerwährende Krupp-Präsenz. Auf der Bühne oder wo auch immer völlig da zu sein, auch in der aggressivsten Ungehörigkeit dem Publikum ungehemmte Zuwendung zu zeigen und Vergangenheit und Zukunft zur alles vereinnahmenden Gegenwart zu machen, – dieses Präsenztalent wird vom einem Publikum, das nicht auf akademische Vermittlung hofft, jubelnd begrüßt. Darunter: mancher Vermittler selbst.7
Es ist erlaubt, sich, wenn auch mit einem Quentchen schlechten Gewissens, an allen Prof. Moralskis, die wir nur zu gut kennen, zu rächen. Die Fans versorgen sich mit allgegenwärtiger Munition. Deshalb ist auch ein zehn Jahre alter Film wie „Mutters Maske“ genauso präsent wie „Praxis Dr.Hasenbein“, jedenfalls als The-Making-of-Version 8. Neben den Filmen „TEXAS -Doc Snyder hält die Welt in Atem“ (1993) und „00 SCHNEIDER – Jagd auf Nihil Baxter“ (1994) erschienen Alben wie „Es gibt Reis, Baby“, 1993. „Katzeklo“ kommt 1994 in die Charts. Der Krimi „Ziehdich aus, du alte Hippe“ (1994) erschien in der „Jungen Welt“ als Fortsetzungsroman. „Das scharlachrote Kampfhuhn“ folgte 1996. Die“Comeback“-Big-Band-Tournee 1995/96 führte 400.000 Fans zusammen, -Vollprolls wie auf dem unheimlichen Jahrmarkt der frühen zehner Jahre und Theaterbesucher wie in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.
Quelle: PEN
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