Re: "Django Unchained" – der neue Tarantino

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bullschuetz

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Stormy MondayLängen und Schwächen habe ich nicht wirklich entdeckt, das war schon von Anfang an packendes Kino. Albernheiten? Das KKK-Ding? Wenn man einen Tarantino-Kenner in meinem Umfeld fragt, ist gerade das KKK- Ding eine der am besten memorierten Szenen. Und damit hat der selbstgefällige Regisseur sein Ziel erreicht.

Mein Problem mit diesem Tarantino-Film ist, dass ich das Gefühl habe, hier stellt ein Regisseur sein Können, sein Filmwissen, seine intertextuelle Pfiffigkeit, seinen Einfallsreichtum zur Schau, will immer noch cooler und noch cleverer sein, kann partout auf keinen Effekt verzichten und lässt dabei die kreative Selbstkontrolle, die selbstkritische Disziplin manchmal fahren. Ein alter Autorenspruch lautet: „Kill your Darlings.“ Verzichte selbst auf die tollsten Szenen, wenn sie den Film nicht wirklich weiterbringen. Auf so eine Idee käme Tarantino nie.

Ich finde das erste Drittel des Films sehr unterhaltsam (die KKK-Szene allerdings tatsächlich etwas albern und nicht richtig lustig), die Plantagenszenen außerordentlich gut (der „galant south“, der nach verbranntem Fleisch riecht – Mann, Tarantino hätte Dylans „Blind Willie McTell“ noch im Soundtrack unterbringen sollen!) und das letzte Drittel nach dem Tod der Waltz-Figur deutlich zu lang. Natürlich gibt es da noch jede Menge nette Mätzchen, unter anderem, wenn Tarantino persönlich gesprengt wird und nichts bleibt als ein Krater – aber die Dichte und Dringlichkeit der Plantagengespräche davor verläppert sich doch eher in diesem arg gestreckten Doppel-Showdown (Schießorgie, Django in Ketten, nochmal Schießorgie). Aus einem Regisseur, der etwas zu sagen hat und das mit Verve, individuellem Stil und packendem neuen Zugriff auf das „Plantage als KZ, Zivilisation und Barbarei“-Thema tut, wird da für mich am Ende ein Regisseur, der zeigen will, was er alles kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass ich die Blutspritz-Kugeleinschlag-Massakerszenen im Vergleich zu, sagen wir mal, „The Wild Bunch“ noch nicht mal inszenatorisch beeindruckend finde. Peckinpah hat da eine ganz eigene, enorm wuchtige Bild- und Montagesprache gefunden – und diese Ästhetik der Gewalt wirkte obendrein nicht selbstzweckchaft, sondern ergab im inhaltlichen Kontext Sinn, passte zu diesen deformierten, gescheiterten, gebrochenen Charakteren, die sich im Grunde nur noch im Medium der Gewalt ausdrücken und ihrer selbst und ihrer Daseinsberechtigung vergewissern konnten. Die Inszenierung ist nicht nur für sich genommen virtuos und spektakulär, sondern auch stimmig und passend – das nenn ich dann ein Meisterwerk. Im Vergleich dazu kommt mir die Schlussphase in Django Unchained etwas richtungs- und visionslos runtergekurbelt vor; und deshalb auch zu lang.

Insofern: Ein sehr sehenswerter Film mit außerordentlich starken Passagen? Unbedingt! Ein rundum gelungener Film? Was mich betrifft, sicher nicht. Einigkeit aber bei Death Proof – super!

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