Re: "Django Unchained" – der neue Tarantino

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nail75

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bullschuetzInglourious Basterds war eine Rache- und Selbstermächtigungsphantasie gegen die Unerträglichkeit der Geschichte, angesiedelt in Nazi-Deutschland, inszeniert mit Stilmitteln des Western. Django Unchained ist eine Rache- und Selbstermächtigungsphantasie gegen die Unerträglichkeit der Geschichte, angesiedelt im Western-Setting, verweisend auf die Nazi-Parallele. Die beiden Filme sind nicht zufällig direkt hintereinander entstanden, Zwillingsstücke, sie spiegeln sich gegenseitig.

Obwohl der Film teilweise ein Western-Feeling hat ist er eher ein „Southern“, einer der ganz wenigen Filme, der im antebellum South spielt und die Sklaverei thematisiert. Insofern ist er weniger eine Rache- und Selbstermächtigungsphantasie gegen die Unerträglichkeit der Geschichte, als eine Rache- und Selbstermächtigungsphantasie gegen die Bagatellisierung der Sklaverei, die Verherrlichung der Confederacy und dem Mythos des lost cause. Das sind ungeheuer wichtige Aspekte, die in der heutigen politischen Kultur der USA eine große Rolle spielen – und diese Mythen mit aller Gewalt anzugreifen, ist ein wirklich großes Verdienst.

Ich habe auch die Vermutung, dass Tarantino nach dem Nazi-Film dachte: „Jetzt haben wir die Barbarei der Deutschen thematisiert, aber wir haben ja auch unsere eigene Barbarei, die wir ausgesprochen selten filmisch thematisiert haben. Machen wir das doch mal.“ Auch dass der Kopfgeldjäger ausgerechnet ein Deutscher ist, kommt vielleicht wirklich daher, dass Tarantino glaubte, einen Ausgleich zu den Nazis in Inglorious Basterds schaffen zu müssen – oder es einfach wollte.

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