Startseite › Foren › Das Radio-Forum › Roots. Mit Wolfgang Doebeling › 24.04.2011 › Re: 24.04.2011
kramerPrince? Frankie Goes To Hollywood? Nieten! Selbst New Order kämen bei mir inzwischen mit keiner Single mehr über * * * 1/2. Ich mag die Imposter-7″ sehr, auch wenn ich kein großer Costello-Freund bin. Aber was führt dazu, dass Du sie höher als „This Charming Man“ einstufst? Und wie wurde sie damals im Vergleich zu This Charming Man vom Publikum und der Presse aufgenommen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen ähnlich markerschütternden Effekt wie die Smiths-45 hatte. Aber wenn man es nicht zeitnah erlebt hat, ist das im Nachhinein natürlich schwer zu beurteilen. Barbra hat 1983 meines Wissens nur eine 7″ veröffentlicht: „The Way He Makes Me Feel“. Du weißt schon: „Yentl“! Kannst Du beim Erstellen Deines hoffentlich bald zu erwartenden Barbra-Rankings also getrost vernachlässigen.
Dich hat also tatsächlich nur schockiert, daß mir „Pills And Soap“ noch ein klein wenig näher geht als „This Charming Man“? Nun, das war damals schon so. Eine Frage der Intensität, der persönlichen Bedeutung, nicht der medialen. Was Letztere betrifft, so machst Du Dir vielleicht ein falsches Bild. Natürlich waren The Smiths ein Thema, natürlich hatte „This Charming Man“ einen „markerschütternden Effekt“, aber nur für eine kleine, aufgeklärte Minderheit. Der „NME“ hob sie aufs Schild, „Zigzag“ hyperventilierte, Peel ließ sie rotieren, diverse Fanzines schrien ihre Begeisterung in die Welt hinaus. Aber in der relevanten Statistik für Massenrezeption taucht „Hand“ gar nicht und „Man“ nur als kleine Fußnote auf, außerhalb der Top20. „Pills“ schaffte die Top20 zwar, freilich mehr aufgrund der (zwar schwindenden, jedoch noch erklecklichen) Fanbase von Costello als wegen etwaiger Popularität unter Nicht-Fans. Dazu war die Single zu sperrig, zu böse, zu kompromisslos.
Publikum und Presse (das große und die generische) einigten sich 1983 auf Michael Jackson („Billie Jean“, „Beat It“, „Thriller“, etc.), fanden Prince aufregend („Jacko meets Jimi“ titelte ein Blatt) und nicht zuletzt Frankie Goes To Hollywood und ihre scheußlich plakativ-steroide Soundmaschine. New Orders „Blue Monday“ kratzte im UK auch an der Top10, war aber hierzulande erfolgreicher. Als „Maxi“ (!), you know. Was Jackson, Prince, Frankie und New Order gemein hatten und was ihren Erfolg ausmachte: Disco-Kompatibilität und – im Falle erstgenannter drei Acts – Video-Clips. Medialer Overkill, es gab kein Entrinnen. Während The Smiths und The Imposter im TV nicht existierten, im Radio allenfalls spätabends. Soviel zur Gemengelage anno ’83, die meine Präferenzen freilich nicht berührt(e).
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