Re: Deep Talk – Der Bass im Jazz

#7966091  | PERMALINK

katharsis

Registriert seit: 05.11.2005

Beiträge: 1,737

gypsy tail windJa. bei Blanton fängt das ja alles erst ricthig an!
Red Mitchell ist aber schon ein Stück Pettiford unterwegs, nicht?
Und sein Spiel scheint mir im Vergleich mit Scott LaFaro ziemlich viel mehr „Körper“ zu haben (das ist es wohl, was mir an LaFaros Sound etwas fehlt, besser kann ich’s wohl nicht ausdrücken). Aber ja, gerne mehr morgen!

Jimmy Blanton ist, was die Entwicklung des Basspiels angeht wohl eh unantastbar, da seine kurzen Soli quasi das moderne Basspiel prägten. Ich habe eben nochmal nachgesehen und war erneut erstaunt, dass er wirklich nur sehr kurz gelebt hat. Was hätte aus ihm noch werden können?

Red Mitchell hatte in der Tat einen volleren Klang als LaFaro, man darf aber nicht vergessen, dass auch Mitchell seinen Bass tiefer gestimmt hat, um diesen Klang zu erzielen. Ansonsten sehe ich ihn recht ähnlich zu LaFaro. Wenn man sich die Bands ansieht, in denen er gespielt hat, dann sind da schon Vergleiche zu ziehen (Hampton Hawes, Gerry Mulligan, Jim Hall). Besonders in der Zusammenarbeit mit Ornette Coleman sind beide sich recht ähnlich, da sie diesen luftigen Ton haben, der Coleman unheimlich viel Flexibilität bietet und die ganze Musik erratisch klingen lässt. Auf der einen Seite schon diesem typischen, leichteren West Coast Sound verpflichtet, aber irgendwie flexibler.
Mitchell versuchte ja zu gleicher Zeit, mehr aus dem Bass herauszuholen und diesen als Soloinstrument vielsaitig nutzbar zu machen. Im Unterschied zu LaFaro war er aber in seiner Rhythmusarbeit gefestigter.
Oscar Pettiford ist bei beiden vielleicht der beste Referenzpunkt, da er mit Bass und Cello großgeworden ist und damit die Vielseitigkeit und Wendigkeit des Instruments anders zu beurteilen vermag. Daher sehe ich Ron Carter auch in derselben Linie, da er ja eigentlich als Cellist aufgewachsen ist und diese Flüssigkeit in sein Bassspiel übernehmen konnte. Seltsam ist da eigentlich, dass er oft unsauber spielt, obwohl er das im klassischen Rahmen eigentlich hätte anders lernen müssen. Nichtsdestotrotz besitzt er einen unglaublichen Ideenreichtum, seine Technik ist gut und bzgl. seiner Time ist er auch wirklich gut.

Als sehr guten Allrounder empfinde ich Jimmy Garrison, der auch bei gestrichenen Soli sehr präzise spielt, technisch versiert ist und in der Rhythmusgruppe absolut fest steht. Ray Brown übrigens auch, der bei seinen Leaderaufnahmen einen unglaublich flexiblen Stil zeigt, bei gleichzeitig sattem Klang.

Vic Gaskin läuft vielleicht ein bißchen ausser Konkurrenz, da ich von ihm nicht so viel kenne, wie von Tucker oder Simpkins. Bei Gaskin muss man auch unumwunden sagen, dass er auf „Katanga!“ oder „West Coast Vibes“ einfach unglaublich gut aufgenommen wurde und bezüglich der Sattheit des Bassspiels punkten kann. Trotzdem erkenne ich in seinem Spiel etwas, was mich aufhören lässt. Einerseits meine ich eine tolle Grifftechnik zu hören, andererseits ein tolles, wendiges Spiel. Irgendwie wieder sehr nahe an Red Mitchell.
Andy Simpkins sehe ich als vielseitiges Rhythmusfundament mit einem tollen, singenden Ton. Ich kenne ihn hauptsächlich durch die Three Sounds Aufnahmen und da wird jedervon Gene Harris überschattet. Aber ich werde ja nicht müde zu betonen, dass Simpkins und Dowdy die Three Sounds zu dem gemacht haben, was sie waren – eine der besteingespielten Workinggroups. Simpkins hat eine gute Time und agiert solide, aber auch flexibel. Vielleicht is Simpkins recht ähnlich zu George Tucker, aber ich erinnere mich an nichts, wo mir Tucker psoitiv aufgefallen wäre. Das bedeutet nicht, dass er mir negativ aufgefallen ist, vielmehr dass er einen neutralen Eindruck gemacht hat.
Ich habe gerade nochmal in seine Diskographie gesehen und da sind ein paar Aufnahmen drin, die ich eigentlich ganz gern höre (Dolphy, Jerome Richardson und vor allem Walt Dickerson), aber auch einige die nicht zu den besten der jeweiligen Leader gehören (Turrentine, Booker Ervin, Dexter Gordon). Demgegenüber stehen aber auch einige Sessions, die ich nicht kenne, mich aber interessieren (Carmell Jones, Jimmy Woods).
Vielleicht hätte sich Simpkins ebenso emanzipieren können wie Tucker, wenn er mehr mit schwergewichtigen Leuten gespielt hätte.

Dass Du Steve Davis weglässt kann ich nicht ganz verstehen. Natürlich ist er nicht auf vielen Aufnahmen vertreten, wie andere Bassisten. Aber immerhin war er doch etwas mehr als Coltranes Notfallbassist. Mir ist er sehr positiv auf dem Vanguard-Erstling von Dave Burns aufgefallen, auf dem er ein tolles Fundament legt und schöne, aber kurze Soli spielt. Auch auf „Nights of Ballads and Blues“ von McCoy sowie „Hey Baby!“ von den Jazz Brothers zeigt er eine solide Arbeit. Nichtzuletzt trägt er ja zu Coltranes „My favourite things“ bei, einem nicht ganz unwichtigen Album für Trane.

Edgar Willis kenne ich auch nur von einer Session (die mir gerade gar nicht einfällt). Irgendwann habe ich mal was mit Hank Crawford gehört, habe da aber keine spezielle Erinnerung an ihn. Außerdem hat er bei Fathead Newman und kurz bei Sonny Stitt gespielt.

--

"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III