Re: James Moody RIP

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katharsis

Registriert seit: 05.11.2005

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gypsy tail wind
Wenn nun bei „James Moody at the Jazz Workshop“ alle Spuren des R&B schon aus der Musik verbannt waren, so war zumindest die Form noch die alte, das Septett. Das ändert sich mit den beiden Argo-Alben, die Moody 1962 und 1963 mit Kenny Barron am Piano aufgenommen hat. Das erste der beiden, Another Bag (Argo LP695, zu finden auf der Lonehill CD „Fly Me to the Moon“), entstand in Chicago mit lokalen Musikern: Paul Serrano, John Avant, Ernest Outlaw und Marshall Thompson. Moody betritt hier Hardbop-Territorium, obgleich er sein eigenes Spiel nicht ändert und die Rhythmusgruppe steckenweise auch noch näher beim Bop als beim Hardbop ist. Tom McIntosh hat fünf der sieben Stücke komponiert und arrangiert, jeweils eines stammt von Dennis Sandole und Ken Duhon. Die Band spielt zupackend, dichter und hektischer als die Band auf den Jazz Workshop Aufnahmen, zugleich ist Moody selbst aber weniger konzentriert und dicht, wie mir scheint. Er lässt sich Zeit, findet auch im Getöse der jungen Band Momente der Ruhe und der Introspektion. Serrano und Avant sind mehr als Statisten, beide haben ihre solistischen Spotlights und machen ihre Sache ziemlich überzeugend. Unter der Originals von McIntosh ist auch seine wohl bekannteste Komposition „The Cup Bearers“, die Moody zu einem tollen Tenorsolo inspiriert. Moody spielt auch wunderbar Flöte auf dem Walzer „Minuet in G“, teilweise auf „Ally“ und auf „The Day After“, einer schönen Ballade mit Bläser-Begleitung. Gerade auf dieser Ballade glänzt auch Barron. Moody hatte ihn in New York gehört und engagiert und nahm in dann im Jahr darauf auch mit in das Quintett von Dizzy Gillespie.

Ich kenne mich bei weitem nicht so mit Moody’s Musik aus, wie das hier bei Dir zu lesen ist, aber nachdem ich gerade „Another Bag“ gehört habe, möchte ich ein klein wenig widersprechen. Die von Dir erwähnten Jazz Workshop Aufnahmen kenne ich nicht, entsprechend kann ich nichts dazu sagen, aber gerade „Another Bag“ erscheint mir persönlich als wenig bis gar nicht hektisch. Mit Sicherheit schlängelt sich die Musik zwischen Hardbop und Bop entlang, aber ich konnte auch viele kontemplative und teilweise – gerade in den Flötenpassagen – durchaus klassizistische Elemente entdecken, die der Musik viel Ruhe geben.
Ursprünglich habe ich mir das Album weniger wegen Moody, mehr wegen Serrano zugelegt. Daher habe ich auch versucht, primär auf ihn zu achten. Aufgefallen ist mir dabei, dass die Musik stark durch die Arrangements von McIntosh geprägt und strukturiert ist. So liegt das Spotlight klar auf Moody und die anderen Musiker scheinen mir, trotz der eingestreuten Soli ein bißchen hinten runterzufallen und im Bläsersatz zu verschwinden. Dementsprechend finde ich aber auch, dass der Musik wenig Raum bleibt, allzu hektisch zu werden.
Gerade Stücke wie „Ally“, oder „The Day after“ sitzen strategisch gut und ankern die Musik, während andere Stücke fast klassisch hardboppig anmuten und ziemlich swingen. Lediglich „Pleyel d’Jaime“ scheint zum Schluss hin alle unterschiedlichen Strömungen des Albums in sich aufzunehmen und durch das schreierische Thema wird dann auch tatsächlich ziemliche Unruhe verbreitet. Übrigens höre ich gerade hier bereits viel von Joe Henderson in Moody’s Ton.
Ansonsten kann ich Deinen Eindruck aber bestätigen und weise gerne noch einmal auf Kenny Barron’s wunderbaren Beitrag besonders auf „The Day after“ hin.

Demnächst muss ich „Comin‘ on Strong“ vertiefen. Beide sind zusammen ja auf einem Lonehill-CD-Twofer zusammengefasst worden.

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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III