Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Shorty Rogers › Re: Shorty Rogers
Am 11. Juli 1953 wurde eine Session im Rendezvous Ballroom in Balboa Beach mitgeschnitten. Drei der Stücke sind auf CD3 des JSP-Sets zu hören, „Infinity Promenade“, „Short Stop“ und „Buzzy“ (#13-15).
Die Band war erneut prominent besetzt: Shorty Rogers, Conrad Gozzo, Maynard Ferguson (t), prob 2 weitere (t), Bob Enevoldsen, Bob Edmondson, Herbie Harper (tb), unknown (tuba), Herb Geller (as), Jack Montrose, Bill Perkins (ts), Bill Holman (bari), Lorraine Geller (p), John Simmons (b), Chuck Flores (d). Fergusons Lead ist unglaublich, die Band spielt druckvoll und in „Short Snort“ (der langen Version von „Short Stop“) ist zu hören, wie wichtig Basies Einfluss für den West Coast Jazz war. Lorraine Geller spielt bluesiges Piano, über das u.a. ihr Ehemann Herb soliert. Das Ensemble kocht und der pulsierende Beat, die Crescendi, das ist von Basie geprägt, nimmt aber seinerseits auch schon Elemente vorweg, die Neal Hefti ab ca. 1957 mit Basie prominent machen sollte.
Die Session erschien unter dem Titel Jazz Superstars auf verschiedenen seltsamen Labeln (oben abgebildet ist die vermutlich umfassendste, auf der CD Time Is T19804)
Drei Tage später, am 14. Juli 1953, stand Rogers wieder im RCA-Studio in Los Angeles und nahm vier Titel für den Film The Wild One auf. Die Stücke erschienen auf einer EAP-535, sind aber wie die ganzen Sessions zu „Shorty Rogers & His Giants“ und „Cool & Crazy“ (also die 10″-Versionen) auch auf der CD „Short Stops“ (BMG 1997) und natürlich dem JSP-Set zu finden (dort endet damit die dritte CD).
Die Stücke wurden von Leith Stevens komponiert, der später für Decca Oktett-Versionen davon einspielte. Rogers arrangierte sowohl die Film-Musik als auch die Big Band Versionen auf seiner 45rpm EP und die Band war erneut Klasse: Shorty Rogers and his Orchestra : Shorty Rogers, Conrad Gozzo, Maynard Ferguson, Tom Reeves, Ray Linn (t), Bob Enevoldsen, Jimmy Knepper, Harry Betts (tb), John Graas (frh), Paul Sarmento (tuba), Bud Shank, Herb Geller (as), Bill Holman, Bill Perkins (ts), Jimmy Giuffre, Bob Cooper (bari), Russ Freeman (p), Joe Mondragon (b), Shelly Manne (d).
„Blues for Brando“ gehört Bill Perkins am Tenor, einem der vielen Lester Young-Schüler jener Zeit – das besondere an ihm war sein unglaublich feiner, schöner Ton, er war zudem aber auch einer der besten Solisten jener Jahre.
In „Hot Blood“ ist kurz Bud Shank zu hören, sonst hört man hie und da Rogers und das war es in Sachen Soli aber leider auch schon. Maynard Ferguson glänzt in der Session wieder mit makellosem Lead-Spiel, es ist aber einmal mehr Shelly Manne, der unglaublich toll spielt und auch in den durchkomponierten Stücke immer wieder aufhorchen lässt.
Diese Musik würde bestens auf irgendwelche „Crime Jazz“-Compilations passe (ja, ich stehe auf diesen Sound!)
Die vierte CD des JSP-Sets beginnt mit den drei Sessions, die auf dem 12″-Album Shorty Rogers Courts the Count erschienen sind. Die ersten vier Titel entstanden am 2. Februar 1954 mit folgender Band:
Shorty Rogers and his Orchestra : Shorty Rogers, Conrad Gozzo, Maynard
Ferguson, Harry Edison, Clyde Reasinger (t), Milt Bernhart, Harry Betts, Bob Enevoldsen (tb), John Graas (frh), Paul Sarmento (tuba), Herb Geller (as), Bud Shank (as,ts,bari), Zoot Sims, Bob Cooper (ts), Jimmy Giuffre (bari,cl,ts), Marty Paich (p), Curtis Counce (b), Shelly Manne (d)
Am 9. Februar fand die nächste Session statt (erneut vier Tracks), mit Pete Candoli (t), Bill Holman (ts) und Bob Gordon (bari) anstelle von Reasinger, Sims, Cooper und Giuffre. Die letzte Session folgte dann am 3. März, Zoot Sims (ts) und Bob Cooper (bari,ts) waren da wieder zurück und ersetzten Holman und Gordon. Interessant ist dabei, dass mit Al & Zoot, die da schon eine Weile als erfolgreiches Tenor-Tandem unterwegs waren, zwei Ostküsten-Jazzer dabei waren, deren Stil allerdings ebenso stark von Lester Young geprägt war wie jener von Bill Perkins, Bob Cooper oder Jimmy Giuffre (am Tenor). Dennoch swingten sie eine Spur härter, zupackender. Zudem war mit Harry Edison ein altgedienter Basie-Sideman mit von der Partie. „Sweets“ war seit 1950 nicht mehr bei Basie und war in der Zwischenzeit schon als Begleiter von Frank Sinatra (auf dessen Studio-Sessions) aufgefallen. Er kehrte aber noch oft zu Basie zurück als Gast.
Die erste Session beginnt mit einem etwas verschlafenen „Topsy“, in dem Edison allerdings als Solist zu überzeugen weiss. Mit „It’s Sand, Man“, zieht das Tempo an und es Al & Zoot, die hier solistisch zu hören sind. Das Trompetensolo dürfte von Rogers selbst stammen (?). In „Basie Eyes“, dem ersten von drei Rogers-Originals, ist Bassist Curtis Counce im Thema und als Solist zu hören, ebenso Jimmy Giuffre am Barisax, und vermutlich Edison an der Trompete (?) und Al oder Zoot am Tenor. Manne kriegt seine Fills einmal mehr locker hin, treibt aber etwas weniger als ich es mir wünschen würde.
Mit „Doggin‘ Around“ endet die erste Session. Hier sind die Trompeten prominent zu hören, der Solist klingt hier nicht sehr nach Edison, aber ich müsste das alles genauer hören. Am Tenor folgt dann wohl Al Cohn, aber auch da bin ich unsicher. Letztlich ist das aber auch nicht zentral, denn die Soli sind doch kurz und die Musik etwas gar gefällig. Bloss Manne hat hier langsam aufgedreht und kocht richtig.
Die zweite Session beginnt mit „Jump for Me“, einem einfachen Basie Riff-Tune. Das wird wohl Edison sein, der das Thema präsentiert, dann gesellt sich eine Klarinette hinzu (Giuffre wohl), dann das Ensemble und es folgt ein Klarinettensolo im tiefen Register, ganz klar Giuffres Stil. „Over and Out“ ist das nächste Rogers-Original, voll mit Basie pet-licks, Paich gibt sich Mühe, einen Mix aus Basies pling-pling-pling und seinem eigenen Pianostil zu schaffen, die Bläser röhren… das ist keine Hommage an den guten alten Basie sondern eine Art Rekonstruktion des damals erst gerade entstehenden Sounds der New Testament Band. Die Solisten zu erraten gebe ich jetzt auf, der Tenorsaxer könnte aber Giuffre sein… es folgt „Down for Double“ in einem Arrangement, das sehr eng an jenes, das Basie spielte, angelehnt ist, dann endet die Session etwas verhalten mit „Swingin‘ the Blues“.
Die dritte Session beginnt mit „H & J“, dann folgen die beiden alten Stücke „Tickletoe“ und „Taps Miller“ und zum Abschluss die dritte Komposition von Rogers, „Walk Don’t Run“. Die beiden alten Stücke überzeugen, wohl auch deswegen, weil sie in Rogers neuen Arrangements anders und frisch klingen.
Der Versuch, Basies Sound nachzuempfinden ist jedenfalls gelungen, aber dennoch lassen mich die Resultate seltsam kühl. Die beiden 10″-Alben von 1953 sind nach meinem Empfinden gelungener und vor allem sehr viel aufregender!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba