Re: Art Blakey & The Jazz Messengers

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„I went with Art Blakey, the Daddy, when I left Mingus. I worked with Art for nearly three years and traveled all over the States. He is the greatest bandleader I’ve ever worked with, as a leader, you know. He’s strong, tender-hearted, firm and quite intelligent. He sets a pace as far as swinging goes, and very few can keep up with him night after night. He honored me by telling me that I was the only alto player he would hire, and he’s used tenor players since.“

~ Jackie McLean, zitiert von Valerie Wilmer in: Jazz Journal, Juli 1961, S.4. (Quelle, 2011-04-25)

Jackie McLean und BiIl Hardman nahmen am 12. und 13. Dezember erstmals mit den Jazz Messengers von Art Blakey auf, die Stücke wurden als Hard Bop (Columbia CL 1040) und auf der zweiten Seite von Drum Suite (CL 1002) – ich habe mich oben schon kürzer dazu geäussert. Hier die Ergänzungen aus dem McLean-Thread:

McLean ist schon im ersten Stück mit seinem cry, seiner drängenden Intensität zu hören, sein Solo ist intensiv, brennend. Hardman wirkt ebenfalls wie von McLean angesteckt, sein Spiel noch diskursiver, zugleich intenstiver und offen-lyrischer. Das Stück „Cranky Spanky“ stammt von Hardman, ist dem 19jährigen Bassisten der Band gewidmet.
In „Stella By Starlight“ bleibt McLean eng am Thema, während Hardman trotz des mittelschnellen Tempos ein äusserst lyrisches Solo spielt, aus einem scheinbar endlosen Fundus von Ideen gespiesen. „My Heart Stood Still“ ist der nächste Standard, im schnellen Tempo dargeboten mit einem tollen Solo von McLean. Auch Hardman ist in Form, und Pianist Sam Dockery speist ihn mit spannenden Einwürfen. Blakeys Beat ist so solide wie damals wohl kein zweiter moderner Drummer, das kommt offenbar dem Temperament beider Bläser sehr entgegen. Die Stereo-Version, die auf der Mosaic-CD-Ausgabe zu hören ist, ist zudem länger als die zuvor veröffentlichte Mono-Version (die Mosaic-CD enthält von allen Stücken zum ersten Mal die Stereo-Mixes.)
McLeans „Little Melonae“ folgt, Hardman gelingt ein wunderbarer Einstieg ins Solo, Dockery legt stotternde Akkorde. Hardmans Solo ist wieder sehr toll, er bietet den Kontrast zu McLean (der mit einem tollen Solo voller Triller und kleiner Motive folgt), den Byrd nicht brachte. Michael Cuscuna schrieb 2006 in seinem „Addendum“ im Booklet zum Mosaic-Reissue der kompletten Sessions vom 12. und 13. Dezember 1956:

Beyond Blakey’s always magnificent and contoured drumming, this quintet’s strongest asset was the beautiful, tart blend of Jackie McLean’s alto sax and Bill Hardman’s trumpet. They phrased together with a forward thrust and their brash, peppery tones created a distinctive front-line sound.

~ Michael Cuscuna: Addendum, Liner Notes zu „Art Blakey & The Jazz Messengers – Hard Bop“, Mosaic MCD-1005

„Stanley’s Stiff Chickens“ ist das letzte Stück von „Hard Bop“ und das längste der ganzen Sessions, McLean und Hardman haben es gemeinsam komponiert – und man hört hier sehr gut, wie die beiden zusammen harmonieren. McLeans Ton klingt leicht bitter, sein Solo ist sehr toll!

„Little Melonae“ hatte McLean schon für sein Ad-Lib-Album eingespielt, die Version von Miles Davis blieb lange Zeit im Schrank, es war also diese Version auf „Hard Bop“, die das Stück zum ersten Mal bekannt machte. Kenny Burrell und Jimmy Raney nahmen es (mit McLean in der Band) für ihr Prestige-Album „2 Guitars“ auf, ebenso Coltrane für sein tolles Album „Settin‘ the Pace“.

Drei Stücke von den Dezember-Sessions machten Seite zwei von Drum Suite aus (auf der ersten Seite war die titelgebende Suite zu finden, Blakeys erste Drums-Session, die im Februar 1957 eingespielt wurde (mehr dazu oben).
„Nica’s Tempo“ von Gigi Gryce ist das erste derr drei Stücke. Dank Aufnahmen von Gryce selbst, sowie von Oscar Pettiford und Art Farmer war es schon damals auf dem besten Weg war, ein Jazz-Klassiker zu werden. Blakey öffnet mit einem Intro, das Thema ist völlig durchkomponiert, auch was die Parts der Rhythmusgruppe betrifft, danach geht’s im swingenden 4/4 weiter. McLean spielt das erste Solo, gefolgt von Dockery, Hardman
Kompositorisch gesehen ist „Dee’s Dilemma“ auch von diesen Sessions neben „Nica’s Tempo“ und „Little Melonae“ der Höhepunkt – und in der Version von Blakey klingt es einiges zwingender und fokussierter als zuvor auf „Jackie’s Pal“. Gerade Blakeys Begleitung macht viel aus, die Rhythmusgruppe spielt hier auch viel besser zusammen, es stimmt eigentlich alles. Von „Dee’s Dilemma“ hatte Mal Waldron hatte selbst auch noch eine Version eingespielt, das Stück geriet aber in Vergessenheit, bis es in den 70ern von Art Farmer und Chet Baker wieder ausgegraben wurde.
Auch „Just for Marty“ überzeugt hier wesentlich mehr – auch wenn diese Band nicht Blakeys beste war, so ist sie doch massiv unterschätzt und die Musik, die an diesen beiden Tagen aufgenommen wurde, ist Hard Bop vom allerfeinsten!

Johnny Griffin, der wenig später zur Band stiess (teils neben, teils anstelle von McLean), äusserte sich später wie folgt über diese Gruppe:

„My experience in Art’s band was excellent because that’s exactly the style of music I like to play. Very explosive, strong, fire all the time. We used to have games, like warfare, between the front line and back line – the horns and the rhythm section. There was a spirit of competition, but in a playful and positive spirit.“

~ Johnny Griffin, zitiert von Len Lyons in: Down Beat, 9. August , 1979, S.15 (Quelle, 2011-04-25)

In den Sessions im Dezember wurde zudem ein kurzes Gershwin-Medley eingespielt, das im Frühling 1957 erneut für Blakeys Cadet-Album „Tough“ (LP 4049, später Teil des Doppel-Albums „Percussion Discussion“ (Chess CH2 92511), dessen andere LP ein Max Roach-Album enthielt) eingespielt wurde. Cuscunas Kommentar im Booklet der Mosaic-CD:

In addition to the originally issued material, we have completed the session with a Gershwin medley that the same band later recorded on the Cadet album Tough. I never asked Blakey if this four-tune routine was a reverent tip of the had to a great American composer or a private joke that seemed to please audiences. The fact that it starts with the most overwrought of Gershwin pieces, is played with vibrato and never really develops in terms of solos makes me suspect the latter.

~ Michael Cuscuna: Addendum, Liner Notes zu „Art Blakey & The Jazz Messengers – Hard Bop“, Mosaic MCD-1005

Das Stück landete ursprünglich auf Originally, einer Reste-LP, auf der ausserdem vier Stücke von den Sessions zu „The Jazz Messengers“ (CL 897) sowie die beiden Stücke, die mit Ira Sullivan und Wilbur Ware eingespielt wurden, zu hören waren (mehr Infos).

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