Re: Lena Meyer-Landrut

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hal-croves
אור

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latho= „Einer muss es ja tun“ (wenn’s der Spiegel nicht macht).

Erstens hat gs tatsächlich recht*, und zweitens macht der Spiegel eben genau das, was er richtigerweise kritisiert:

SPONUnd deshalb wählen sie dann eben den pfiffigen Kindergärtnertypen Johannes Strate von Revolverheld zum Coach oder den coolen Lehrertypen Henning Wehland von der Hardcore-Band H-Blockx und nicht Lena Meyer-Landrut, die zwar mit ihrer dramatischen Wespentaille in Boulevardmedien für wüste Spekulationen sorgt, deren musikalische Karriere inzwischen allerdings gefährlich ins Trudeln geraten ist.

In einem Satz gleich zwei Ausdrücke von hämischer Herablassung, wie sie für den SPIEGEL freilich typisch sind: erstens das absolut unglaubwürdige Für-bare-Münze-Nehmen des geplanten Show-Prozederes (man darf ja gespannt sein, ob es über die zweite Folge auch noch einen ausführlichen SPON-Kommentar geben – und wie der ausfallen wird), und zweitens der letzte Halbsatz, der bezüglich Lena das Leitmotto eines erdrückenden Großteils der deutschen Presse in den vergangenen dreieinhalb Jahren darstellt: die permanent wiederholte, begründungslose, betont beiläufige Abwertung, die sich vor nichts und niemandem rechtfertigen muss, und die keinen besonderen Zweck zu erfüllen scheint als die Aussendung der Botschaft: du kannst tun, was du willst, wir werden dich niemals als Popstar anerkennen, und es gibt auch nichts, was uns dazu bewegen könnte, weil wir unsere eigene scripted reality machen, in der nur das gilt, was wir schreiben. Es ist die Arroganz einer Journaille, die ihren Karl Kraus gelesen hat und weiß, dass der vor 77 Jahren verarmt gestorben ist, ohne realiter etwas bewirkt haben zu können – wie auch, als Einzelner. Es ist der Anspruch, schreibend Wirklichkeit zu schaffen, gepaart mit der Weigerung, sich der Verantwortung als gesellschaftlicher Akteur zu stellen. Wir beschreiben und kommentieren ja nur, was ist. Es ist eine schleichende Arsenvergiftung des Geistes.

* Ich will gar nicht darüber spekulieren, inwiefern er vielleicht oder sogar wahrscheinlich ironisch gefrotzelt haben könnte mit dem, was er schrieb; er hat einfach recht.

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=