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Zweieinhalb Bands?
… Greenspan :lol:
Ich war gestern in unmöglicher fiebriger Verfassung, hab die Diskussion hier zwar gelesen, aber sah mich ausserstande, zu antworten. Heute ist das wieder möglich, immerhin …
Die Trennung von Bop und Cool möchte ich auch nicht aufrechterhalten, zumal Cool ja sowas wie eine Kehrseite von Bop ist, die andere Seite der Medaille, gewissermassen. Dass Al Haig auch bei Getz (genau auf den Aufnahmen, die ich noch am ehesten dem orthodoxen Bop zuordnen würde, wobei die Storyville-Aufnahmen natürlich auch Bop sind, die vergass ich vorgestern) und Chet auftaucht ist da gewiss kein Zufall.
Was ich aber aufrechterhalten möchte ist die Unterscheidung von Bebop im engeren Sinne (Parker, Gillespie, Powell, Haig, Roach, Kenny Clarke, Sulieman, teilweise wohl Mary Lou Williams … wie es da dann mit Roy Haynes oder Ray Brown aussieht, die ja auch schon länger unterwegs waren, ist die Frage, die ja schon gestellt wurde) und Bebop als weiter Stil/Epochen-Schublade, in die dann gerne auch die ganzen West Coast Leute rein dürfen. Wenn es um die Innovation geht, würde ich den Kreis eng halten, und dann auch, wenn es um die Leute geht, die orthodox Bebop spielen, Barry Harris etwa, Kenny Dorham, oder – nicht immer, aber doch über weite Strecken seiner langen Karriere – Phil Woods (um gar nicht erst an den Herrn mit dem Sandwich zu denken).
Es ist ja immer eine Frage der Distanz. Wenn man von Nahem hinschaut, sind weitere Differenzierungen nötig, dann zeigt sich etwa, dass Dick Collins oder George Handy andere Musik machten als Dizzy und Tadd Dameron (auch wenn Kai Winding und Allen Eager bei Handy und bei Dameron mitwirkten), es lassen sich dann auch Unterschiede zwischen eigentlichen Boppern und Post-Pres-Leuten wie Cohn oder Sims hören. Vor allem aber zeigt sich dann wohl, wie eng der Kreis der wirklichen Neuerer war. Wenn man aus etwas grösserer Distanz auf das ganze guckt, dann macht die Unterscheidung zwischen Bop und Cool (und West Coast – auch dort müsste man ja wieder genauer hinschauen, Pepper ein Bebopper, Shank nicht? Eine Behauptung, die man wohl nur mit einiger Mühe aufrechterhalten könnte … aber was ist mit Dave Pell, Bill Perkins, Richie Kamuca?) wirklich wenig Sinn. Mich dünkt eben – das vielleicht als vorübergehendes Fazit? – dass manche Leute, die man unter diesen weiten Bebop-Begriff nehmen kann, manches übersprungen haben. Sheldon oder Kamuca konnten Hardbop (mit Shelly Manne – ja, ich bezeichne das gerne als Hardbop, auch wenn der Background natürlich wieder ein völlig anderer ist als jener der Leute aus Detroit oder New York), Shank konnte wie Parker, wollte aber meistens zum Glück nicht, Pepper konnte noch besser, brauchte wohl etwas länger, um herauszufinden, dass das nicht Pepper war und dass er eben lieber Pepper als Parker wollte … Tony Fruscella konnte Bach, aber konnte er Dizzy? Vermutlich nicht, aber Miles konnte Dizzy und Fats, wenn er wollte … und war dennoch im engeren Sinn gewiss kein Bebopper. Aber all diese Unterscheidungen verwischen sowieso die ganze Zeit, ich finde es eigentlich interessanter, Leuten oder Orten nachzugehen als diesen weiten Schubladen. Im New York der frühen Fünfziger gab es ja noch so viel mehr als nur Bebop und Cool … wo war schon wieder die Story von Steve Lacy und Eddie Condon und dem Haarschnitt und dem Mantel?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba