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Was die Kompositionen betrifft: natürlich kennt heute keine Sau mehr „Autumn Leaves“ – ist auch nicht weiter schlimm. Den Punkt begreif ich eh nicht und mein Post dazu hatte mit Hornstein auch nichts zu tun.
Pop-Stücke als neue „Standards“ zu gebrauchen halte ich für ein begrenzt sinnvolles Unterfangen. Manchmal – bei Mehldau etwa – geht das ganz toll, andere Versuche sind eher zwiespältig rausgekommen (Herbie Hancocks „New Standard“, Joshua Redmans „Timeless Tales (For Changing Times)“). Dass sich Rock-Songs selten so einfach in Jazz-Tunes umändern lassen, liegt auch an der Entstehungsweise, der Präsentation der Stücke. Das faszinierende an den Standards ist ja das Zusammenspiel von Text und Melodie, dass die Melodie quasi der gesprochenen Phrasierung des Textes entspricht, oder anders herum: man nehme ein paar Zeilen aus guten Standards (Porter, Gershwin, Berlin, Arlen…) und spreche sie – und stelle dann fest, dass man genau die Rhythmik gebraucht, die der Song auch verwendet. Das ist eine Qualität, die dem „gesprächsartigen“ Spiel im grossen Mainstream des Jazz sehr entgegenkommt. Im Rock ist die Rhythmik egal, Silben werden zerdehnt, es wird geschriien, gestöhnt, geächzt… mit gesprochener Sprache hat das selten mehr viel zu tun, es geht um die Expression und dabei sind allerlei Freiheiten erlaubt und erwünscht. Zudem sind die Melodien oft doch eher einfach und werden eben erst durch die Art des Gesanges oder eben durch die Worte interessant. Es handelt sich eben um völlig verschiedene Herangehensweisen an Songs und ich denke, dass diejenige des Rock sich generell viel weniger gut eignet, um von Jazzmusikern einverleibt zu werden. Aber klar: es gibt Ausnahmen, und die können ganz wunderbar funktionieren! Diese Ausnahmen zu finden ist eine schöne Sache, aber wohl keine ganz leichte Aufgabe.
Mit van’t Hof bin ich übrigens auch nicht viel weiter… habe den schönen CD-Reissue von Pork Pies „Transitory“, die drei ECM-Alben von Manfred Schoof mit ihm (den Grossteil gibt’s auf der Doppel-CD „Resonance“), und das war’s auch schon (abgesehen von ein paar ROIOs, Mariano und so…)
Aber das Konzert, das Du gehört hast, klingt echt toll, nail!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba