Re: Jazz-Glossen

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nail75

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redbeansandriceyep, schon die Frage ist sooo 70er… ich mag Jazz ja auch, und klar fänd ich es irgendwie witzig, wenn das allen so gehen würde, aber so ist es nun mal nicht; den Sinn dieses in den Radiosendern verankerten „Jazz-Establishments“ hab ich zwar auch nie so recht verstanden, aber wenn man das abschaffen würde, dann wär es weg und fertig…

Und zwar ersatzlos. Hornsteins Musik würde dann Radio genausowenig gespielt werden wie heute.

ich find diesen „wie schlecht die Welt ist, sieht man schon daran, dass keiner mich mag“ Standpunkt ja total niedlich, und ich würd Hornstein gerne ganz fest drücken, aber das Zeug, das er macht, wird nie die Massen erreichen, und wer wirklich hinhören will, tut das woanders,

:-)

SokratesEbenso unfair ist es, Hornstein ökonomisches Denken vorzuwerfen. Abgesehen davon, dass Musikmachen immer eine ökonomische Komponente hat (künstlerisch und in der Verwertung), hat die SZ-Artikelreihe u.a. die Situation in NYC beleuchtet, in der anscheinend ein paar Musiker sowas wie eine Jazz-Gewerkschaft und Mindestgagen etc. fordern, und Karl Lippegaus hat das dann neulich für Deutschland untersucht.

Stimmt alles, das Problem ist, dass die Klagen von jemandem kommen, dessen Glaubwürdigkeit begrenzt ist, und zwar deshalb weil er eigentlich kein Jazzmusiker ist. Sein letztes Album heißt „Summertime Opium“. Wirklich.

redbeansandricehab den Text jetzt endlich gelesen, und kann nur meine einschätzung aus post 525 unterstreichen ;-) er tut mir ein bißchen leid und fertig (aber ein echter Klops ist noch dieser Vorwurf, die Musiker würden an den Hochschulen nicht lernen „auf elegante und zeitgemäße Art mit dem Publikum zu kommunizieren“), kurz gesagt stellt er fest, dass die Luft für „den Mann am Klavier“ dünn wird, weil er in den Kneipen nach und nach von Musik vom Band ersetzt wird – das ist, äh, eine Entwicklung die sich schon vergleichsweise lange abzeichnet…

:lol:

und Hornstein schlägt jetzt vor, die dusseligen gesponsorten Festivals, auf denen eh nur abstraktes Zeug gespielt wird, mit den Leuten aufzufüllen, für die in den Kneipen kein Platz mehr ist… anders gesagt, kann schon sein, dass 99.2 Prozent der Bundesbürger mit Hornsteins Musik mehr anfangen können als mit der von Peter Brötzmann – aber diese 99.2 Prozent sind mit Shakira noch besser bedient als mit Michael Hornstein und schalten bestimmt nicht ihre Fernseher ab, um in ein Michael Hornstein Konzert im örtlichen Jazzklub zu gehen…

:lol:

ich kann verstehen dass er verzweifelt ist, aber das konnt ich mir auch ohne diesen Artikel an zwei Fingern abzählen, gibt wirklich keinen Grund, diese Musik zu machen, die er macht, außer, dass es einem Spass macht – und dafür gibts halt kein Geld…

Klingt wie weichgespülter Garbarek. Originell ist das nicht. So einen Schlonz würde ECM nie veröffentlichen.

Der Mann kann einem schon leid tun, er altert und erkennt irgendwie, dass er sein Leben verpfuscht hat. Dass er unter dieser „grausamen Entwicklung“ leidet, glaube ich ihm gerne. Seinen Hass bei den jungen Musikern abzuladen, die besser aussehen als er, sich in der guten alten Zeit aber hinten hätten anstellen müssen, ist einfach billig. Er hatte seine Chance, soll er die Fehler bei sich selbst suchen.

Seine Diagnose stimmt aber auch einfach nicht. Ich erlebe viele ältere Jazzmusiker im Konzert, manche sind weit über 70, 80. Wo wir gerade dabei sind: Auch Jasper van’t Hof (kein Deutscher) ist kein Jungspund und der macht sicherlich keine hochgeradig abstrakte, unzugängliche Musik. Was ist das eigentlich für eine komische Idee, dass die Zuhörer die Kompositionen kennen müssen und dass die Jazzer nur noch Eigenkompositionen spielen? Das ist doch alles Quatsch…

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.