Re: Jazz-Glossen

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tejazz

Registriert seit: 25.08.2010

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Fef:
Die USA gehören zum Westen. Sie werden als Prototyp des Westens weltweit angesehen. Wo, wenn nicht in den USA, werden Produkte so schnell auf den Markt gehievt und wieder hinauskatapultiert? Seit Jahrzehnten? Das gilt auch für Musik. Und letztlich auch WM. Ich will das nicht loben, es ist nur eine (grob vereinfachte) Beschreibung. Kein Erfolg – schon vergessen.
Musiker, die in früheren Jahrzehnten ein paar Jahre aussetzten oder in Europa „hängenblieben“, hatten in der Regel viel zu tun, später in den USA wieder Fuß zu fassen. Namen wurden vergessen, neue Stile hatten sich breitgemacht.

Worüber schreiben wir hier? Die Musik WM ist auch ein Produkt der Entwicklung. Es ist nicht der Ragtime oder der „reine“ New Orleans-Stil. WM spielt letztlich eine Musik, die sich in Jahrzehnten entwickelt hat. Wenn er diesen Stand „seiner“ Musik konservieren will, ist das in Ordnung, er kann ja spielen, was er will. Er soll auch seine Meinung sagen – aber seinen großen und trotzdem beschränkten Jazz-Horizont eben nicht als das Maß aller Dinge betrachten und das auch noch bei günstigen Gelegenheiten heraus posaunen. Das ist der große Kritikpunkt. Und der Jazz entwickelt sich, ob er will oder nicht, weiter. Als Nischenmusik gibt es nicht mehr und oft die großen Sprünge. Vielleicht bleibt er auch bald stehen, man weiß es nicht. Aber: Free Jazz und Jazz mit Rockelementen sind nicht wegzuleugnen.
Es entwickelt sich ständig etwas. Manchmal wird etwas von Kritikern „hochgejazzt“, aber in der Regel sind bahnbrechende Ergebnisse wie Bebop oder Free Jazz Zeugnis einer Entwicklung, die ans Licht durchbricht. Kein Kritiker hatte die Spielereien in Mintons’s Playhouse verfolgt. Und der Free Jazz hat auch etwas mit politischen Entwicklungen zu tun.

Der Versuch, Dixieland gegen Bop usw. aufzurechnen ist für mich irgendwie eigenartig. Was soll das bedeuten? Dixieland als großer Fluß, der ab und an ein paar Nebenflüsse bei Hochwasser erzeugt, die aber mit dem breiten Strom nicht konkurrieren können?
Egal, wie – aber es gab z.B. Bebop und der unterscheidet sich schon gewaltig vom Dixieland.

Swing, Bebop, Freejazz, Bossa Nova usw. waren Musik ihrer Zeit. Für mich ist Dixieland das auch. Keine Ahnung, ob sich da was entwickelt hat. Letztlich ist das alles Unterhaltung. Einer mag das eine, der nächste das andere. Manche haben ordentliche Bandbreiten. Manche Hörer und Musiker nicht.

Die Übersetzungen von „Eingeborenen-Musik“ zu geglätteter Weltmusik finde ich nicht falsch. Manche Dinge sind eben fremd (ich erinnere mich an den Besuch eines chinesischen Theaterstückes mit einer früheren Freundin, die nach ca. 15 Minuten gehen wollte) und „funktionieren“ bei Hörern anderer Kulturbereiche nicht sonderlich. Warum nicht probieren, ob es nicht einen Kompromiß gibt? Dieses Ergebnis als authentisch zu betiteln ist dann natürlich fatal. Aber, wenn es keiner merkt…
Ich bin ganz froh, beim Chinesen an der Ecke eher nicht-folkloristisches Essen zu bekommen.

Und ob Obama immer lässig durchs Weiße Haus geht und was das bedeutet, erschließt sich mir nicht.

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