Re: Jazz-Glossen

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tejazz

Registriert seit: 25.08.2010

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Also, die Moderne Kunst (bevorzugt die Malerei) habe ich gerade in der/durch die Schule und meinem (meist vorzüglichen) Elternhaus als sehr anstrengend und völlig unsinnig kennengelernt. In der DDR war man da mitunter etwas, mhm, eingeschränkt. Da wurde viel in Richtung intellektuelle Dekadenz geschoben, oft allerdings auch hervorgehoben. Feigenblatt-Geschichten eben.

Kandinsky, Picasso und Co. haben mir erst viel später gefallen. Seit ich Jazz höre noch mehr.
Aber eine Dürer-Zeichnung kann auch unglaubliche Emotionen freisetzen. Immer noch.

Ich empfinde Kunst als etwas äußerst Freiheitliches. Wenn ich es nicht verstehe (Free Jazz oder einen –zig Kilogramm schweren Fleischklops in die Elbe zu katapultieren), lasse ich es einfach laufen ohne große Bekundungen dagegen oder dafür (die Sache mit dem Fleischklops fand ich schon dämlich). Nicht immer kann ich mich in jeden Menschen hineinversetzen. Und Künstler haben da für mich noch etwas mehr Freiheit. Wie könnte ich Lester Young oder Thelonious Monk mit normalen Augen betrachten? Behinderte, Kranke, die abartige und/oder großartige Musik komponiert bzw. gespielt haben? Darauf lasse ich mich erst gar nicht ein.
Künstler, Paradiesvögel jedweder Art verschönern das Leben oder bringen zumindest andere Nuancen herein. So soll es sein.
In der Umkehr halte ich es auch für ziemlich vermessen, zu kritisieren, was man nicht mag. Es wird immer Dinge geben, die sich einem nicht erschließen (von unmoralischen Abscheulichkeiten abgesehen). Das ist mitunter fortschrittlich. Ob es mir gefällt oder nicht. Es ist dann einfach so.
Ich mache auch nicht jede Mode mit. Wenn man das mit einer gewissen Überzeugung und nicht aufgesetzt bringt, kann das zum persönlichen Stil werden. Aber dieser ist nicht der Maßstab der Dinge.

Nichts gegen das Bewahren der Tradition – aber diese Tradition warf auch mal jung. Weiß der Fuchs, was man in New Orleans mal gedacht hat, als Typen wie Jelly Roll in die Tasten hauten. Ich bin sicher, daß da auch einige dabei waren, die das als abartig empfanden.
Ich konnte Frühschoppen-Musik noch nie leiden. Zu aufdringlich, immer das gleiche Repertoire, mitunter zu fröhlich. Auch wenn ich die Leidenschaft dahinter bewundere. Aber es nervt. Diese Leute bewahren aber, so gesehen, auch die Tradition.
Es touren ja auch immer wieder Überreste von Beat- und Rockgruppen der 60-er und 70-er Jahre durch die Lande. Bewahrer einer Tradition?

Die Sätze Warum SOLL der Groschen bei Steve Lacy oder Cecil Taylor überhaupt fallen? Vielleicht ist es einfach große Kunst, die einem nicht gut tut, Punkt. verstehe ich wirklich nicht.
Meine Antwort zu meiner Auslegung: Ich fühle kein Muß beim Musikhören. Weiß aber, daß ich mich mitunter konzentrieren sollte, um sie zu verstehen. Mal klappt es, mal nicht. Wenn mir Parker nicht gefällt, lege ich eben Desmond auf. Oder Benny Carter. Oder auch Armstrong. Ein paar Klassik- und Rockplatten stehen auch herum. Oder ich lasse es. Ist sowieso abhängig von der Tagesform.
Und was einem nicht guttut, sollte man sich auch nicht antun. Aber man kann es immer mal wieder versuchen. Tut meist nicht weh.

Und: Ich finde einen großen Teil der Musik Jan Johanssons, die Verbindung von Volksmusik und Jazz, als ziemlich großartig. Ich empfinde das schon als innovativ, zumal er das ja vor 45 Jahren und mehr als einmal machte. Johansson hat seine und andere traditionelle Musik mit Jazz vermengt. Das rüttelt nicht an Armstrong, Parker und Ayler.

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