Re: Jazz-Glossen

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gypsy-tail-wind
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schorsch-adelschön gesagt. Aber der angerichtete Flurschaden ist viel größer, ich glaube nicht mehr dran, dass sich der Jazz von dieser Seuche je erholen wird.

Nein, das glaub ich auch nicht – aber am Ende ist das ja auch in Ordnung.
Es wird weiterhin Nischen geben und Leute, die den Mut haben dazu, in ihnen zu Hausen.

Das Hauptproblem im Gefolge der Young Lions sehe ich in dem Punkt, der oben im Lester Bowie-Zitat auf den Punkt gebracht wird, der Akademisierung der Musik nämlich. Das erstreckt sich ja mittlerweile auch in den Rock/Pop-Bereich, man kann Bachelors und Masters machen als Pop-Musiker, ist dann in der Lage, in Pop, Soul, Funk, Jazz, Tanz, Gaga und was weiss ich für welchen Bands mitzuspielen und dies stets auf technisch hohem Niveau ohne Fehl und Tadel zu tun.
Das ist zum Gähnen.
Musik als Beruf, nicht als Berufung.
Das nun mag wiederum eine Romantisierung sein… aber auch bei Leuten wie Gene Ammons, Sonny Stitt oder anderen, die jahrzehntelang ihre Musik gespielt haben und für die sie bestimmt auch zum Beruf wurde, ist doch stets diese innere Leidenschaft da, ein Feuer, das die Musik zum Leben bringt. Das fehlt mir bei manchen dieser „jungen Löwen“ (für mich ist überdies sowieso der Tiger der König der Tiere!) und lässt mich… gähnen, wenn ich ihre ach-so-raffinierten Originals, mit denen sie CD um CD füllen, hören muss.
Die Flut an Originals hängt wohl auch damit zusammen, denn jeder lernt ja auch arrangieren und komponieren, und zur heutigen ökonomisierten akademischen Welt gehört ja wohl auch dazu, ein guter Geschäftsmann zu sein, also seine eigene Firma zu haben, die dann die Rechte an den Originals vertritt und die dürftigen Tantiemen verwaltet… schöne Welt.

Da halte ich mich an die Nischen-Erscheinungen, deren Musik oft in ganz anderer Hinsicht die Genre-Grenzen sprengt, neues wagt, ausbricht aus Konventionen und doch oder gerade deswegen viel stärker in der grossen Tradition verwurzelt ist.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba