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Ich bleibe vorerst noch bei Ellington:
In diesem Konzert ist die „Liberian Suite“ zu hören – und dazu zwei der Medleys, die Ellington in der Folge an praktisch jedem Konzert zum besten geben sollte. Das erste gehört Johnny Hodges, dann folgt ein „Theme Medley“, eine etwas über sechsminütige Kurzfassung des späteren „Greatest Hits“-Medleys. Die Band hier kommt mit zwei Bässen daher, Junior Raglin und Oscar Pettiford. In der Trompetensection sitzt neben Ray Nance kein typischer Ellington-Star, doch der allzeit unterschätzte Shorty Baker ist dabei, ebenso wie einer, der damals ein grosser Star werden sollte, Al Killian mit seiner Stratosphärenschmiertrompete (da ist mir Cat Anderson sehr viel lieber … Killian spielte auch mal kurz bei Basie und anscheinend sagte man ihm eine grosse Karriere voraus – doch es ist ein Schnitter, der heisst Tod – beziehungsweise sein Vermieter, der ihn kurz vor dem 34. Geburtstag tötete, anscheinend weil er ihn verwechselt hatte).
Im Konzert vom November 1948, das nur als Bootleg erschien, spielt Ben Webster mit (Russell Procope fehlt stattdessen, wie es scheint). Zu hören ist u.a. die allererste Aufführung von „Lush Life“, bei der Strayhorn auch mit dem Orchester spielt. Das Konzert ist die erste Aufnahme aus 1948, Studio-Aufnahmen gibt es aus dem Jahr keine (recording ban), die Ellington Panorama-Website führt für das Jahr bloss noch einen kürzeren Broadcast aus dem Click in Philadelphia und ein Konzert von der Cornell University (das ich wohl haben muss, scheint toll zu sein). Neu in der Band ist auch der phantatische Quentin Jackson – auch den mit Ellington weniger vertrauten gewiss bekannt von Mingus‘ „Black Saint and the Sinner Lady“ (wo er dieselbe „Rolle“ spielt, wie bei Ellington). Am Bass ist der neue Mann, Wendell Marshall zu hören, der für fünf Jahre beim Duke bleiben sollte (er war ein Cousin von Jimmie Blanton).
Mit Studio-Sessions geht es erst im Herbst 1949 weiter, Live-Aufnahmen aus dem Hollywood Empire (Februar 1949) sind u.a. bei Storyville erschienen (auch in der „Duke Box“). Im Oktober, für die ersten Session, sitzen Dave Burns, Charlie Rouse und Jimmy Forrest in der Band (Forrest landete ja mit einem Thema, das er bei Ellington zuerst spielte, später unter dem Titel „Night Train“ seinen grössten Hit – das öffnende Lick taucht schon 1940 im Stück „That’s the Blues, Old Man“ auf, später wurde es Teil des Titels „Happy-Go-Lucky Local“, wiederum ein Teil der vierteiligen „Deep South Suite“).
Die zweite und auch schon letzte Studio-Session vom Dezember entstand dann mit einem harten Kern, zu dem in den Jahren (noch bis 1951) auch Tyree Glenn gehört, der sowohl Posaune wie auch Vibraphon spielte (letzteres ist in der „Liberian Suite“ prominent zu hören). Wenn ich dabei bin: Sonny Greer, dessen lange Jahre mit der Band (er lernte Ellington 1919 kennen und spielte schon bei den Washingtonians mit) sich dem Ende zuneigen, verdient Erwähnung. Der Mann war eine der tragenden Stützen der Ellington Bands von 1923 bis 1951. Kein Swinger wie Jo Jones bei Basie, kein Virtuose wie andere Drummer der Swing-Ära, aber der „original mad drummer“ (wie Ethan Iverson ihn in seinem Nachruf auf einen anderen „mad drummer“, Donald Bailey, nannte).
1950 gab es wieder mehr Studio-Aufnahmen, u.a. für das von Ellingtons Sohn Mercer geführte und nach diesem benannte Label – Musik mit zwei Klavieren, zusammen mit Billy Strayhorn, eine Session mit Wild Bill Davis, Film-Aufnahmen … doch zuest, im Mai 1950, treffen wir die Band in Zürich, das Konzert aus dem Kongresshaus erschien 2007 bei TCB. Neben Baker, Nance, Killian und dem eher kurzzeitigen Nelson Williams (es gibt eigene Aufnahmen auf Vogue, die sogar im Rahmen der letzten „Original Vogue Masters“ noch auf CD erschienen sind) sitzt auch Ernie Royal in der Trompetensection. Als dritten Posaunisten (anstelle von Glenn, neben Lawrence Brown und Quentin Jackson) finden wir Ted Kelly, der u.a. auf Radio-Mitschnitten von Lester Young aus den frühen Fünfzigern zu hören ist. Die Sax-Section ist noch immer im Umbruch, neben den langjährigen Getreuen Procope, Hamilton, Hodges und Carney finden wir auch hier wieder zwei Tenorsaxophonisten, die Al Sears‘ Platz einahmen: ein Alva McCain und: Don Byas! Butch Ballard, der Nachfolger, ist neben Greers als zweiter Drummer erstmals dabei, Al Hibbler ging wohl nicht mit auf Tour, aber Kay Davis schon. Gitarrist Fred Guy (er war seit 1924 dabei, spielte damals natürlich Banjo) hatte die Band 1949 verlassen – er wurde nie ersetzt. Auch er einer der gerne unterschätzten Ellingtonians. Klar: die tolle Klangpalette kam von der einzigartigen Mischung der Bläser – aber ohne die Rhythmusgruppe um Mastermind Ellington (der ja als Pianist auch gerne unterschätzt wird), die hier eben eine andere Rolle spielte als bei Basie oder Lunceford, wäre das alles nicht möglich gewesen.
Im September und Oktober ging es dann mit den Mercer-Sessions richtig los – wie schon im Februar nahm Ellington Stücke mit der Sängerin Chubby Kemp auf, dazu eine Session mit „Oscar Pettiford, His Cello & Quartet“ (Ellington am Klavier, Strayhorn an der Celesta, Lloyd Trotman am Bass, Jo Jones am Schlagzeug), dazu zwei Sessions mit Ellington und Strayhorn am Klavier (die erste mit Wendell Marshall und einem unbekannten Drummer, die zweite mit Joe Shulman am Bass).
Im November ist dann Cat Anderson zurück und mit Paul Gonsalves endlich eine langfristige Lösung gefunden, was das Tenorsaxophon betrifft. Das Jahr endet in Sachen Aufnahmen mit einem Höhepunkt: die Aufnahmen für den Longplayer „Masterpieces by Ellington“ (ich glaube das war das erste Mal, dass einem Jazzmusiker Aufnahmen für das neue Format gewährt wurden – bis dieses sich im Jazz durchsetzte, vergingen jedoch noch mehrere Jahre) ermöglichten Ellington im Dezember erstmals, auch im Studio Stücke von mehr als drei Minuten Dauer einzuspielen (bzw. er brauchte seine Musik nicht mehr künstlich aufzusplitten, um dem Format zu genügen). „Mood Indigo“ dauert über eine Viertelstunde, „Sophisticated Lady“ und „The Tattooed Bride“ jeweils über elf, „Solitude“ über acht Minuten. Als Sängerin wirkt eine gewisse Yvonne Lanauze mit, Tyree Glenn ist wieder dabei, Mercer spielt French horn … und Sonny Greer ist weiterhin am Schlagzeug – er hat Ellington damit aus der Zeit der akustisch aufgenommenen „Race records“ bis ins Zeitalter des Longplayers begleitet.
Oscar Pattiford & Junior Raglin, Aquarium NYC, ca. November 1946 (Photo: William P. Gottlieb)
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