Re: Russische Literatur

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canzione

Registriert seit: 03.05.2010

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Mein Lieblingsbuch:

Iwan A. Gontscharow – Oblomow

Oblomows Lebenszentrum ist das Bett, sein wichtigstes Kleidungsstück der Schlafrock. Aufregende Unternehmungen sind ihm ein Greuel, und Leidenschaften geht er – mit einer Ausnahme – aus dem Weg. Zwar ist er immerhin der Herr eines kleinen Gutes, doch sinniert er lieber in seinem Petersburger Bett ausgiebig über die soziale Lage seiner Dienstboten, als dass er irgendwelche Anstalten zur Verwirklichung seiner Ideen unternähme. Nur kurze Zeit erwacht er aus seiner körperlichen und seelischen Trägheit, als ihn Olga, deren Liebe Oblomow gerührt erwidert, ihn vor der Verkümmerung bewahren möchte. Doch Oblomow ist den seelischen Anstrengungen der Liebe nicht mehr gewachsen. So heiratet Olga den tüchtigen Geschäftsmann Stolz, die „positive“ Gegenfigur Oblomows im Roman. Oblomow aber ehelicht um der ungestörten Bequemlichkeit willen seine ihm ergebene Haushälterin Agafja.
Die ´Oblomowerei´, schon im Roman Kennzeichnung einer Lebenshaltung, die jeden wackeren Bürger aufreizen muss, wurde bald zum Symbol der absterbenden Feudalgesellschaft Rußlands.

Für Dobroljubov (ein sozialrevolutionär ausgerichteter Literaturkritiker) ist das Gegenwort zur Oblomowerei, Revolution. Bei Lenin, der Dobroljubovs und Kroptkins Lektüre aufnimmt, wird nun Gontscharows poetisches Projekt vollends zu einem politpädagogischen Argument. In seinem Vortrag von 1922 „Über die internationale und innere Lage der Sowjetrepublik“ sagte Lenin, an den generalisierenden, alle Schichten erfassenden Aspekt der Dobroljubovschen Oblomowerei-Interpretation anknüpfend:

„Die Oblomows sind geblieben, und zwar deswegen, weil der Oblomow nicht nur ein Gutsbesitzer war, sondern auch ein Bauer, und weil er nicht nur ein Bauer ist, sondern auch ein Intelligenzler war, sondern auch ein Arbeiter und Kommunist. Es genügt uns selbst anzuschauen, wie wir Sitzungen abhalten, wie wir in den Kommissionen arbeiten, um zu sagen, der alte Oblomow ist übrig geblieben, und man muss ihn waschen, reinigen, bürsten und schlagen, bis irgendein Sinn aus ihm herauskommt.“

Mit dieser „Oblomowscina-Hyperbel“ läßt Lenin das ganze russische Volk den Gontscharowschen Text (blutig) weiterschreiben.

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