Re: Michael Gielen – Zeit 18/2010

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satiee

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@clasjaz
anders als @gypsy tail wind kenne ich mich glaube ich schon etwas besser in der sehr komplexen Materie aus. Lese z.b. unverändert ALEX ROSS „The Rest
is Noise“, das insbesondere ab Kapitel 1945-2000 allerhand mir neue und bis dato unbekannte Informationen birgt, was die ‚Komplexitäten‘ und ‚Widersinnigkeiten‘ der unpopulären,modernen/neuen MUSIK + ihrer Komponisten und diversen Akteure nach 1945 angeht.

Vorangeführt wird dort ein „vieldeutbares“ Zitat von John Cage (1992):
„wir leben in einer Zeit, die ich nicht als einen Hauptstrom sehe, sondern als
viele Ströme ; oder wir sind, wenn man die Zeit schon als Fluss betrachten
muss, an ein Delta gelangt, vielleicht sogar über das Delta hinaus zum Meer,
das nun wieder zum Himmel emporsteigt“.

Ich zitiere das, weil CAGE damit sinnlich die mittlerweile tatsächlich sich in entgültiger Auflösung befindliche EX-E-Musik bereits vorwegnahm.

Was mir an Deiner Vormündigkeit allein daraus mißfällt, ist die respektlose
Beurteilung des stark gealterten 83jährigen Michael Gielen nur dieses eines Interview’s wegen.
Es es ist knapp ein Jahr her (15.5.09), daß ich ihn mit dem NDR Sinfonieorchester zur Sinfonie Nr.10. v. G. Mahler zutiefst beeindruckend
erlebte. Nahezu wie ein ‚Mahnmal‘ (im Cage’n Sinne) ausgerechnet auch diese höchstbedenkenswerte Musik.

Jeder beste Seeblick bleibe ihm persönlich umsomehr gegönnt, anstatt
Hänseleien darüber.

Und selbst was seinen Affront gegen den „politischen Mißbrauch“ von
Beethovens 9ter (als z.b. verlogene EU-Hymne/mit der LvB nie und nimmer einverstanden gewesen wäre) angeht, sollte man ihn schon aus seiner Historie würdiger + empathischer nachvollziehen und berücksichtigen, als nun konträr willkürlich und jederzeit aus dem Stehgreif wiederlegbare Zitate heranzuziehen.
In diesem Kontext bleibt ROSS‘ Lektüre plus/minus äusserst empfehlenswert.

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