Re: Jazz Reissues

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gypsy-tail-wind
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katharsisDie Sache mit dem Cover ist übrigens etwas spezielles. Die ersten Blue Notes hatten nämlich alle ein sogenanntes Kakubuchi-Cover, das quasi wie gerahmt aussah. Also die Pappe war irgendwie umgeschlagen und anders verleimt. Das ist klar, dass das dann auch in so einer Serie beachtet werden muss.

Danke! Dazu wollte ich noch nachfragen, hab ich dann aber vergessen!
Kann ich mir zwar noch nicht ganz vorstellen, was das heisst (und warum das Kakubuchi heissen soll, das war bestimmt nicht die damalige Bezeichnung, oder?)

katharsisZur Pressung kann ich natürlich nichts sagen. Ich nehme aber an, dass sie den originalen Sound der damaligen Zeit wiedergeben wollten, weshalb nur die originalen Session-Bänder dafür in Frage kamen. RVG hat ja später nicht immer alles richtig gemacht. Daraus lässt sich dann auch schließen, dass lizenzrechtlich alles geklärt wurde. Ich kann mir diesen Aufwand nicht vorstellen, wenn es sich dann bei der Musik um einfache Rips handeln würde.

Klar – aber zwischen den Bändern und der LP liegen einige Arbeitsschritte. Da kann man wohl bei aller Pseudo-Authentizität einiges verbocken, wenn man nicht weiss, was man tut.

katharsisBei den CD’s habe ich keine Ahnung, aber ich nehme an, dass gerade auch die Japaner darauf geachtet haben, dass die Musik sorgfältig dokumentiert wurde, auch was unveröffentlichtes Material anging. Da gibt es doch sicher CD’s, auf den alternative Takes zu finden sind (vielleicht jetzt nicht die, mit dem LP-Sleeves).

Nein, in Sachen Dokumentation gibt’s auch aus Japan grässliche Dinge… die an sich tollen (gut klingenden) Denon/Savoy-CDs aus den 90ern leisten sich wohl so viele Fehler in Sachen Line-Ups wie keine andere mir bekannte CD-Reihe.

Alternate Takes oder weitere Tracks derselben Sessions sind generell fast nie auf japanischen CD-Reissues zu finden. Der Album-Fetischismus (der für mich eben eigentlich nur im originalen Format, also Vinyl, funktionieren kann) zieht sich in Japan nahtlos bei den CD-Reissues weiter, und da wird’s dann eben wirklich lächerlich, wenn man mich fragt.

Die LPR-Reihe von Universal, die vor ca. 10 Jahren anlief, und die nach einigen Verpackungs- und Namens-Wechseln heute „Originals“ heisst, bedient sich desselben Konzeptes und hat zu ein paar völlig depperten Reissues geführt… so gab’s z.B. vom Verve-Album von Desmond und Mulligan einige sehr hörenswerte weitere Stücke auf der CD-Ausgabe von Mitte der 90er, die auf der jetzt greifbaren CD nicht zu finden sind. Dasselbe bei Sarah Vaughans „At Mister Kelly’s“ (wo ich dummerweise die neue CD gekauft und mich danach enorm geärgert habe). Oder Lee Konitz, „Motion“… in der exklusiveren Verve Elite Edition erschien eine 3CD-Ausgabe mit weiteren Tracks von der Session mit Elvin Jones, sowie zwei ganzen CDs, die an vorangegangenen Sessions mit Nick Stabulas eingespielt worden sind. Die weiteren Tracks mit Elvin hätten problemlos auf dem CD-Reissue von „Motion“ Platz gefunden, aber nein, da kommt eben nur der Inhalt der LP drauf.

Damit hab ich meine liebe Mühe, v.a. weil man bei CDs ja wirklich ohne das Ensemble der Musik zu stören, wie sie auf LP zu finden war, am Ende problemlos einfach noch was anhängen kann. Man kann als Hörer auch selber entscheiden, ob man dann weiterhören will oder nicht… aber genau diese Entscheidung scheinen die Album-Fetischisten mit ihrem Gemotze bei den Labeln uns bereits abgenommen zu haben… indem sie erreichten, dass Bonustracks vermehrt von Jazz-Reissues verschwunden sind – einer der allerdeppertsten Fälle sind Jimmy Smiths „The Sermon“ und „House Party“ in der RVG-Reihe… klar, die 80er CDs haben die Musik völlig neu zusammengestellt, das find ich auch problematisch, aber dass auf den RVG-CDs ein paar Tracks einfach wieder rausfielen, bloss weil Cuscuna zuviele Mails von blöden Album-Fetischisten gekriegt und die Geduld verloren hat, das geht doch nicht an!

Da sind eigentlich LP-Faksimiles mit möglichst originalgetreuen Hüllen im Vergleich überhaupt gar kein Problem :-)

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