Re: Jazz Reissues

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gypsy-tail-wind
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redbeansandriceanders gesagt, von den großen ist eigentlich nur noch Universal spürbar aktiv, Jazz in Paris, Impulse, die Riverside Boxen aus Italien, MPS… der Verstand der Verantwortlichen variiert ein bißchen, aber es sind sicher keine Zeiten sich darüber zu beschweren… die anderen sind mehr oder weniger abgesoffen… was die Impulse Twofer betrifft – da ist einiges bei, was sicher schonmal irgendwann irgendwie auf CD draußen war, was aber kaum mehr ohne Glück und mit vertretbarem Aufwand zu lokalisieren war…

Ja, Warner ist ja eigentlich schon längst aus dem Jazz ausgestiegen (in den 90ern hatten sie Leute wie Brad Mehldau, Joshua Redman, Mark Turner, Kenny Garrett und einige andere, Mehldau, Frisell und Redman sind über Nonesuch noch mit dabei).
Von EMI erwarte ich nicht mehr viel. Die eine oder andere gute neue CD von Lovano vielleicht noch. Die Kenny Burrell B-Day-Bash oder die Steve Kuhn Trio CD war ja schon eine grosse Überraschung! Und die kam noch, vor der Stecker gezogen wurde, wenn ich mich recht erinnere (cd. 2004, als sie in Europa mit den depperten Kakteen sich selbst ein Bein gestellt haben).

alexischickeImpulse wurde doch über die Jahre an diverse Labels bzw Großkonzerne verkauft und die haben immer wieder die Sachen veröffentlicht.

Impulse wurde wie erwähnt als „boutique label“ von ABC-Paramount gegründet (1960), extra für Creed Taylor. Der feierte mit einigen der Aufnahmen, die in der neuen Box zu hören sind, kommerzielle Erfolge, verduftete 1961 zu MGM, worauf Bob Thiele als Produzent übernahm, der bis 1969 blieb und in den Jahren u.a. die grossartige Reihe von Coltrane-Alben produzierte und gewissermassen als Nebenprodukte davon auch Alben von Pharoah Sanders, Archie Shepp und ein paar anderen New Thing Exponenten.
In den 70ern übernahm Ed Michel als Produzent, das Spektrum wurde immer breiter, es entstanden aber immer noch tolle Dinge (etwa die vier Latino America-Alben von Gato Barbieri).
In den späten 70ern gab’s nur noch Reissues, 1979 übernahm MCA (das heute nach einigen Wechseln Universal Music Group heisst), das ab 1987 einen Vertriebs-Deal mit GRP hatte. GRP gab in der Folge sehr viele Impulse-Alben als CD heraus (darunter eben auch alles oder fast alles, was auf den neuen Twofern wieder zu haben sein wird), MCA selbst hatte anscheinend nicht das geringtste Interesse am Impulse-Katalog damals. 1990 kaufte MCA GRP auf.
1995 übernahm Seagram die Mehrheit an MCA und benannte sie in Universal (die Musikabteilung hiess fortan Universal Music Group). Dann wird alles ziemlich chaotisch… PolyGram kommt dazu, Vivendi übernimmt 1998 alles, die Jazz-Reissues laufen in der Zwischenzeit teils unter GRP/Impulse (die Impulse Master Edition Digipacks aus jenen Jahren haben GRD-Katalog-Nummern), teils unter Verve (oder Verve Music Group). Irgendwann kam dann mal noch GE ins Spiel und die Musik- und Filmabteilungen wurden 2004 aufgesplittet, seit dann gehört der Musikteil voll und ganz Vivendi, und seit dann herrscht grössere Verwirrung (Reissue-Reihen werden umbenannt, neu erfunden und verschwinden gleich wieder und solche Dinge). Wenn nicht ein paar Leute wie Diana Krall währen (das EMI-Pendant ist Norah Jones), dann hätten die Geldsäcke wohl schon längst jegliches Interesse an den eh irrelevanten Jazz-Abteilungen verloren.
Mehr hier, auch Links zu den anderen Labeln (und Label-Gruppen), die heute zum UMG-Konglomerat gehören: http://en.wikipedia.org/wiki/Universal_Music_Group
Die Geschichte von Sony/BMG ist übrigens ähnlich verworren… ARC, Columbia, OKeh, Vocalion, CBS, Epic, RCA, Arista… und wie üblich werden die Top-Leute seit einigen Jahren hin- und hergeschoben, alles äusserst sympathisch. Und von grossem Verständnis und Liebe für die Musik darf bestimmt auch ausgegangen werden…

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