Re: Avantgarde: Trompete

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nail75Ich bin davon genauso weit entfernt wie Du, keine Sorge. Ich mag nur Stanko. Aber Dark Eyes kenne ich gar nicht.

Heute habe ich den Bibliotheksgang endlich einrichten können und neben ein paar Rava-Alben auch den Stanko mit seinen sogenannten »Dark Eyes« nach Hause getragen – den ich, um mich wenigstens nicht leichthin zu täuschen, nun ein drittes Mal höre. (Und ihm Tapscott opfere, der ebenfalls endlich heute mit »A Dark Tree« eingetroffen ist, dem ich das Dunkle eher zutraue, oder, um ordentlich zu sprechen: von ihm mich fachmännischer verdunklen lassen werde.) Es ist für mein Verständnis auch passend, dass ich dies hier sub Dixon bzw. Avantgarde sage, und nicht im ECM-Thread, der gerne der Begeisterung gewidmet sein soll, die ich nicht antasten kann.

»Dark Eyes« ist im April 2009 aufgenommen – ich könnte mich schon über diese elitäre Datumsangabe aufregen, will aber auch keinen Essay schreiben, um das weiter zu begründen –, Besetzung: Stanko: tr; Tuomarila: p; Bro: g; Christensen: b; Louhivuori: dr. Coverdesign wie üblich, glasklare Totenbilder, immanente Entwicklung zur Schlussverbeugung von Stanko, die wahrscheinlich keine ist, eher Andacht, weil der Klaviermann noch zu spielen scheint. Bene, oder vielmehr gar nicht bene: Anlässlich der Garbarek-Differenzierungen hier in Blue Note möchte und will ich diese Platte rundheraus dem »Twelve Moons«-Album an die Seite stellen, ansonsten fällt mir ad hoc noch etwas von »Azimuth« und eine Sache mit Terje Ripdal ein. Ich höre einfach keinen Unterschied. Die paar shouts von Stanko sind nur noch eine Phrase, eine Erinnerung an irgend etwas, nicht einmal mehr jemanden (ich spiele auf die Coltrane plus-Diskussion im Forum an), die keinen Sinn machen in dem glotzenden, harmonisierend palavernden Ton der vier Compagnons. Klar, schön, wie die Gitarre mal einsetzt – aber eigentlich doch nur Kalkül. Der Klavierton von ECM insbesondere ist mir schwer verständlich. Da finde ich, Jarrett habe einen Bonus, weil er auch mal weniger watteweich klingen darf – falls er allein spielt, mit DeJohnette und Peacock kommt sofort die Watte. Es gelingt mir, Ihr seht es, nicht von ECM zu abstrahieren: ich glaube tatsächlich, dass dieses Klangideal die Musik zu kompromittieren geeignet ist, gelinde gesagt. Die Technik ist die Botschaft.

Ich würde es gerne auch ganz anders sagen können: Ich verstehe das alles einfach nicht. Wozu der Aufwand? Wozu die Musiker zusammengetrommelt, das Studio gemietet oder geheizt, die Instrumente gestimmt und den ganzen Bildkram organisiert? Um über den Toningenieur und den Produzenten the same procedure noch einmal zu machen, zu zelebrieren?

Das war also nicht der Stanko, den es doch außerdem geben muss – oder ich bin schlicht weiter entfernt, nail, als Du freundlicherweise sagtest.

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