Startseite › Foren › Fave Raves: Die definitiven Listen › Die besten Alben › "Krautrock" und seine Verwandten › Re: "Krautrock" und seine Verwandten
TosheyEine spannende Story! Wo trifft man denn ein solch exotischen Charakter? Ich hätte aufgrund der Aufnahmen nicht ausmachen können, woher er kam und wohin er nachher verschwunden ist. Ich hätte mir gut vorstellen können er sei Engländer, dem ist aber nicht so, oder?
Es ist indes schade, dass er es selbst inzwischen so distanziert betrachtet.
Ich habe ihn damals in Berlin-Kreuzberg im Kato am Schlesischen Tor kennengelernt. Er betrieb eine Gruppe mit dem komischen Namen „Phoenix Reine Erde“, spielte selber dabei seinen sogenannten ,,Fantaziser“, ein aus allen möglichen Klopfdingen zusammengebasteltes Instrument samt Trommel, dessen Töne er durch verschiedene elektronische Klangverfremdungen wie Wah-Wah, Echo usw. schickte. Das Ganze waberte am Ende recht merkwürdig, so ähnlich wie ein natürlicher Sequenzer.
Ich bin da eingestiegen, weil mir zum einen die Idee des nicht traditionellen Tonerzeugens sehr zusagte, zum anderen schien die zugrunde liegende Philosophie der absoluten Freiheit des Einzelnen innerhalb der Musizierenden die Tür für interessante Erfahrungen zu öffnen. Zudem gab es dadurch immer wieder nutzbringende und weiterführende Begegnungen mit vielen anderen Musizierenden und Musikern, was der persönlichen Entwicklung eigentlich nie abträglich sein kann. Die Gruppe hat nie geübt bzw. bei allen Auftritten öffentlich „geübt“ bzw. alles Üben öffentlich betrieben, wenn nichts anderes ging auch notfalls am Kudamm mit einem tragbaren Benzin betriebenen Stromgenerator. Die Besetzungen wechselten zwischen Trio bis hin zu 25 Leuten.
Ich erinnere mich an einen Auftritt bei irgendeiner Ausstellungseröffnung in Charlottenburg, wo etwa 15 Leute gemeinsam unabgesprochene, freie Musik machten – und zwar etwa vier Stunden lang. Davon waren rund 2-4 Minuten wirklich sternenmäßig , weil sich alle zu diesem Moment endlich gefunden hatten. Als Beteiligter war diese freie Übereinkunft von so vielen Menschen ein unglaublich berührendes und bewegendes Erlebnis. Als Zuhörer hätte ich mir das aber wahrscheinlich nicht lange angetan.
Und nein, soweit ich weiß, kam John Love Noa, wie er sich zu der Zeit jedenfalls nannte, nicht aus England, sondern aus Troisdorf bei Köln. Er war ein ziemlicher Chaot und „Spinner“, dessen Energie damals aber immerhin noch für das jahrelange Betreiben der Band und ein Buchmanifest einer „Anarchistischen Erotic“ mit 426 Thesen reichte. Ich habe ihn nach einigen Jahren aus den Augen verloren, meinerseits aus hier nicht zu erörtenden Gründen durchaus nicht ungewollt.
TosheyDanke für deinen Beitrag, jedenfalls
Da nich für.
--
The only truth is music.