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…um unseren Jubelthread ein wenig „realitätsnäher“ zu gestalten, hier auch mal eine populäre Gegenstimme aus der glorreichen Zeit…
Interview von 2007 mit Ex-Amon Düül II-Manager Olaf Kübler:
F.:Herr Kübler, haben sie noch Kontakt zu Mitgliedern von Amon Düül II?
A.:(lacht) Besser nicht, wenn ich vermeiden will erschossen zu werden – so einen Akt würde ich vorallem Gitarrist John Weinzierl zutrauen. Das hat der in den 70ern schon mal versucht. Zum Glück war seine Knarre nicht geladen. Die einzige, mit der ich wenigstens sporadisch telefoniere, ist Renate, die Sängerin. Das Problem bei den Düüls war und ist, dass sie ziemlich phlegmatisch sind, andererseits total durchgeknallt. Die haben immer viel lieber gelabert, Rauschmittel jeglicher Art in rauen Mengen eingeschmissen und viel zu wenig Musik gemacht. Nun, ich habe jahrzehntelang ebenfalls ausgiebig gefeiert und mir alles Mögliche reingepfiiffen. Aber ich war stets diszipliniert genug, dass ich meiner Arbeit nachgegangen bin. Ich übe bis heute täglich von 15 bis 18 Uhr zu Hause auf meinem Saxophon. Disziplin ist neben Talent das Wichtigste, wenn man in finaziell schwierigen Zeiten als Künstler überleben will. Die hatten die Düüls nie! Und jetzt wundern sie sich, dass sie entweder sterben wie ihr Schlagzeuger Peter Leopold oder keine Kohle in der Tasche haben.
F.: Wie haben sie die Gruppe dann überhaupt managen können?
A.: Ich bemühte mich händeringend, ihnen die Flausen der sogenannten 68er Generation wenigstens ein bißchen auszutreiben. Dieses permanente Bedröhntsein, dieses Den-Kopf-in-die-Wolken-stecken, diese grimmige Ablehnung der Industrie, obwohl die schließlich eine Zeitlang den Lebensunterhalt finanzierte. Die Düüls wollten berühmt sein, ein nobles Leben führen, die besten Drogen konsumieren und waren überzeugt, das würde bis ans Ende ihrer Tage funktionieren. Dabei sollte es gleichzeitig nach ihren chaotischen Bedingungen laufen. Also: Alben aufnehmen, wenn sie gerade Lust dazu hatten – was selten der Fall war -, sowie Marketingstrategien und Verkaufszahlen ignorieren. Doch die Firma sollte immer alles finanzieren. Wie soll so ein Kreislauf dauerhaft funktionieren?
F.: Wie stehen sie zum Werk von Amon Düül II?
A.: Ich bin gestandener Jazzer, daher finde ich die Musik in ihrem amateurhaften Erscheinungsbild eigentlich gräßlich. Aber immerhin: Dieser Sound war und ist originell! – zumindest auf den ersten vier, fünf Scheiben. Wenn ich das nicht erkannt hätte, wäre ich nicht Manager dieser Band geworden. Bringen wir es auf den Punkt: Während ich Musiker bin, sind Amon Düül II Kult. Da ist mir mein Status allerdings wesentlich lieber.
F.: Das klingt, als hätten sie ausschließlich schlechte Erinnerungen an die Zeit mit den Düüls…
A.: Es war eine total irre Phase – und vermutlich war ich in jener Ära auch total irre. Doch irgendwann wurde mir klar, dass ich mit dieser Phase aufhören musste, wenn ich überleben und es zu etwas bringen wollte. Das ist den Düüls bis heute nicht klar. Die könnten ohne Drogen nicht spielen, weder im Studio, noch auf der Bühne. Da sie jetzt offensichtlich kein Geld mehr haben, gibt es keine Drogen mehr. Und exakt aus diesem Grund werden Amon Düül nie mehr zusammenkommen. Bei denen funktioniert nichts ohne Drogen.
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