Re: "Krautrock" und seine Verwandten

#7329785  | PERMALINK

some-velvet-morning

Registriert seit: 21.01.2008

Beiträge: 5,119

bullschuetz…dass ausgerechnet Krautanbau aus deutschen Landen zum „Post-Punk“ geführt habe, so eindimensional zwar natürlich nicht haltbar – aber warum nicht mal prüfen, wie straff sich der Faden spannen lässt, bevor er reißt? Ich empfinde es nach wie vor als großes Verdienst, dass sich dieser Thread an derlei versucht.

Musik aus Deutschland steht hier bei vielen, das ist zumindest mein Forumslektüreverdacht seit Jahren, unter schlimmstem Provinzialitätsverdacht (wobei ich bereits den Vorwurf der Provinzialität lächerlich und historisch haarsträubend unhaltbar finde – denn in der Provinz und oft gerade aufgrund der provinziellen Rahmenbedingungen der Abgeschiedenheit entstand zu allen Zeiten und in allen Ländern großartige Musik, großartige Kunst). Umso toller, wenn andere, wie SVM & Co., mal in die genau entgegengesetzte Richtung stiefeln!

Jetzt mal ein Erdkunde Exkurs zum Thema
Nun gut, ich bin zurück. Hervoragende Beiträge von Bender ermutigen mich sozusagen zur Rückkehr. Was Du hier schreibst, schwirrt mir auch so ein wenig im Kopf herum. Genau, ich wollte genau die gegensätzliche These mal betrachten, dass die „vermeintliche“ Provinz vielleicht sogar die interessantere Musik kreiert oder zumindest ihren Beitrag in der Popwelt hat. Da beziehe ich mich nicht nur auf Krautrock. Bands aus dem nördlichen Great Britain, haben einen ganz anderen Sound als die Bands aus London. Wenn ich an alleine an schottische Künstler denke. Sie schaffen in der ländlichen Abgeschiedenheit einen ganz anderen Sound als die Großstädter: Mogwai, The Associates/Billy Mackenzie, We Were Promised Jetpacks, The Twilight Sad,…. Die große Lehre, die ich aus „Rip it up and start again“ gezogen habe, ist der Punkt, dass die Musik im Postpunk der Insel nach Städten eingeteilt werden kann. Jede Stadt hat wieder ihren eigenen Sound. Auf Regionen bezogen sowieso. Und selbst in einer Stadt existieren heterogene Bewegungen, je nachdem wieviel Kulturströmungen es innerhalb dieser Stadt gibt. Die große Message von „24 hour party people“ auf unserer Thema bezogen ist der Sieg Manchesters gegen London. Als die Hacienda der Club war, schaffte es Manchester auf einmal fast so etwas wie der Nabel der Welt zu sein, so wie Forst durch Enos Besuch und die Musik, die dort enstand, auf einmal ein Ort war, wo zukünftige Musik geschrieben wurde. Oder Kraftwerk in den Kling Klang Studios anfangen Techno zu produzieren. Und dieses Bild, dass auch Kleinstädte, Provinzen, andere Städte, aber eben nicht nur die Hauptstadt eines Landes wichtig ist, finde ich einen interessantesn Aspekt. Deutschland ist nicht nur Berlin (als ich mal schrieb, dass Berlin den letzten Jahren nicht eine vernünftige Band zustande gebracht hat, erstaunte mich, dass es keine Widerworte gab). GB nicht nur London. Die USA nicht nur New York. Allein mit San Franscico fülle ich ein zweistündiges Special. Und wenn ich dann höher rücke nach Portland/Oregan. Eine nicht allzu große Stadt- wie viele Bands allein aus Portland/Oregan in den letzten Jahren kommen. Oder gehen wir noch etwas nördlicher an der Westküste der USA: Seattle. Gebe es diese Stadt nicht, wer weiß, ob es Grunge gegeben hätte. Diese Heterogenität in der Popwelt macht doch gerade erst alles interessant. Und das es Unterschiede in den Ländern (Nord-Süd) gibt, finde ich spannend. Aus Texas wären beispielsweise Tuxedommoon oder die Residents wohl kaum entstanden. San Franscisco hat so einen bestimmten, psychedelischen Sound, aber gut: Wir sind hier im Krautrock Thread. Dort würde ich, wenn ich die Strömungen nach der BRD Landschaftskarte einteile auch eben verschiedene Strömungen sehen: Faust, Tangerine Dream (Berlin), Düsseldorf (NEU!, Kraftwerk), Köln/Aachen Area (Can, Klaus Schulze), Forst/Weser (Harmonia, Cluster, Brian Eno). Helft mir bei den anderen Bands der Krautrock Zeit gerne weiter.

--