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Bender RodriguezAb hier muß ich doch mal gehörig dazwischenfunken! Wollen wir jetzt noch J.M. Jarre, Mike Oldfield, Bernard Szajner, gar die gesamten französischen Alt-Elektroniker a la The (Hypothetical) Prophets, vielleicht noch den kunstbeflissenen Dunstkreis zwischen Ur-Wave, Proto-Punk und Avantgarde in die Kraut- und Rübenschublade hinein stopfen? The Residents anyone? Vielleicht auch noch Pere Ubu und Tuxedomoon?
Leute, dieses „Kraut“ vor dem „Rock“ bezeichnet einzig und allein etwas salopp diffamierend das Herkunftsland der damaligen musikalischen Outputs. Dass alleine diese „Genre“-Definition eigentlich nichts taugt, beweisen doch Formationen wie Cluster, Kraftwerk, Tangerine Dream, etc. bestens…
…und darum haben wir die Threadbezeichnung ja auch in Anführungszeichen gesetzt.
Und in der Tat: Genau um solch verzweigt-verschwommene Berührungspunkte muss es bei dem Thema sogar gehen. Mein Impuls war nicht nur, die relevanten Werke aufzuzeigen und auszudiskutieren, sondern ganz im Besonderen auch die brückenschlagenden Einflüsse sichtbar zu machen, denn wie Velvet schon sagt, wird dieser Fakt allzugerne wegdiskutiert, unter den Teppich gekehrt oder schlicht und einfach übersehen. Vielleicht ist es ja mit dem typisch deutschen Kunstselbstverständnis allgemein etwas kritischer, als international. Aber genau diesen Widerspruch einmal mehr ins Licht zu zerren und nach einer Auflösung zu suchen, dazu scheint mir besonders diese Epoche besonders viel dafür herzugeben. Die NDW hatte ja auch ihr ureigenes Selbstwertgefühl, von dem heute niemand mehr spricht. Ich vermisse persönlich ein innerländisches Wertgefühl für diese Dinge. Es scheint ein Teil einer Doktrin zu sein, die völlig unsinnig ist. Warum sollen wir nicht zu gleichen Taten befähigt sein, wie unsere „Nachbarländer“? Oder ist das einfach nur krankhaft-charmante Bescheidenheit?
Und was ist den mit der Faust-Tony Conrad Connection, die den Draht legt von Wümme zu Warhols Factory? Was ist mit Embryo bei denen Mal Waldron, Charlie Mariano (ist der nicht daraufhin sogar komplett hierher übergesiedelt?!) uvm. mitgespielt haben? Froese hatte angeblich Kontakte zu Salvador Dali und nicht zuletzt immer wieder der allseits vergessene Volker Kriegel!
Nimmt er (und auch Embryo) auf seinen frühen Werken nicht zu Teilen das vorneweg, was man später beim Mahavishnu Orchestra oder gar Miles Davis, „popularisiert“ wiederfand. Dieser offene Sound, dieser Gitarrenansatz etc.?
So, und jetzt erinnere sich bitte mal jemand an die Tatsache, dass der Mclaughlin vor seiner Miles-Phase bei Gunter Schuller in good ol´Germany gespielt hat. Mir scheint, er hat da mehr als ein paar kleine Inspirationen aus unserer Szene zu Papa Miles mitgenommen. Und er war der Mann in Miles Band! Er setzte die Impulse.
Ein jeder mag darüber denken was er mag. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass unsere Knospen an anderen Orten kommerziell und künstlerisch aufgebläht worden wären. Wer möchte kann auch gleich noch Frank Farian und die Münchner Discoszene dazutun, wobei die ja immerhin auch selbst kräftig absahnten. Bis dahin ein Novum…
Ich lasse die weltweite Relevanz unserer dahinmüffelnden klassischen Komponisten jetzt mal ganz außen vor. Das wäre ein Thema für einen kompletten Thread. Duke Ellington, Van Dyke Parks, Burt Bacharach, Gil Evans… ich will´s gar nicht wissen…
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