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TosheyIn der RS Ausgabe vom April 1999 gab es, wie sam auch schon bemerkt hat, ein großes Stockhausen Feature mit langem Interview. Da wurde seinem Amerika-aufenthalt 1966 sogar ein separater Kasten gewidmet, in dem er euphorisch über die ganzen Bands vor Ort sinnierte. Er hat sie geliebt, war auf Konzerten der Dead usw. usf. (aber er bestand auf die Feststellung, dies ohne Drogen genossen zu haben und dennoch total high davon geworden zu sein )
Möglich, das ihm da die Augen geöffnet wurden, aber das geschah wohl nachhaltig und wäre auch eine eventuelle Erklärung für seine zunehmende Eigenskurilität.
No, no. Ich habe nachgelesen. White Rabbit gesteht er zu, dass es mehr als die Beatles wagte und vor allem, dass ‚es schärfer packte als der Boogie Woogie und Bebop seiner Studentenzeit‘. Und Dark Star hebt er erst recht nicht in den Himmel, ist mir zu lang zu zitieren. Er wundert sich, dass ihn die 21 Minuten jetzt nicht stören. Er weiß, durch diese Musik, wie es sich anfühlen muss, high zu sein. Das heißt doch nicht, dass er high sein möchte, im Gegenteil. Einzig Janis‘ recht großartiges Piece Of My Heart kommt wirklich gut weg.
Dennoch mag stimmen, dass er in Sausalito wenigstens einen Ansatz von Hörverständnis für Pop/Rock bekommen hat. Liest man den Artikel, so strotzt der jedoch vor E-Musiker-Arroganz (und letztlich völligem Unverständnis von Pop). Tenor: Habe ich längst vor ihnen gemacht, leicht zu durchschauen oder taugt nichts.
Nun aber zu deiner großen Apologie des Kraut. Ich kann nicht folgen. Da muss selbst ich PF vor Eloy in Schutz nehmen. Düül mit den Dead in einem Topf, da hat einer aber nicht wirklich hingehört. Was die Dead an freien Improvisationen hinbekamen, war bei den Münchnern doch nicht ansatzweise zu hören. Auf der einen Seite freies, musikalisch dichtes Gruppenspiel von versierten Gruppenmusikern, auf der anderen Seite deutlich stumpferes, vor allem langweiligeres, nach meiner Erinnerung nie wirklich spannende Gruppenimprovisationen, die man damals tausendfach um die Ohren geschlagen bekam. Von den großartigen Songs der Dead gerade aus den frühen 70s will ich erst gar nicht reden.
Dieses unselige Paradieswärts kann man bitte gar nicht ins Feld führen. Da waren Chapter II natürlich deutlich musikalischer, keine Frage.
Die Kosmische Musik, so sollte sie vermarktet werden, traf damals sehr den Nerv der Zeit und wurde recht gut verkauft, zumindest war sie für die Interessierten überall präsent, und schon 5, 6 Jahre später eifrig (und teuer) gesammelt. Und nicht wenig war sie Ausdruck eines gewissen nationalen Rock-Stolzes, was mich von Beginn an daran nervte.
Im SIngles-Thread sprachen wir von The Witch von den Rattles. Ein Popstückchen, allerdings eins, das weltweit 1970 ein ganz klein wenig Furore machte. So wurde es verkauft. In den 60s haben wir uns doch eher geschämt für das, was von hier kam, allzu offensichtlich war der Qualitätsvorsprung von andernorts. Nicht zu glauben, dass die Rattles in England nicht von der Bühne gejagt wurden und logisch, dass die Liverbirds in D Karriere machten und nicht im UK (so schlecht waren sie).
Dann also kamen Kaiser, Ohr, Brain und fertig war die erste dt. Welle. Großes TamTam, nicht viel dahinter. Es war wie 54 im Fußball, plötzlich glaubte Pop-Deutschland, man sei wer. Nicht wenige hörten die Bands aus eben dieser Perspektive. Nein, es gab hier kein „eisiges popkulturelles Klima“. Woher dieses Märchen, oder ist das anders gemeint? Es gab eine popkulturelle Unkultur, die gibt es bis heute, aber das Bedürfnis nach Pop und die Akzeptanz waren früher und sind auch heute noch auf breiter Ebene vorhanden.
Als dann das Kraut in Richtung Rock zu sprießen begann mit Jane, Eloy, Birth Control, war es absolut aus mit jedem Funken von Interesse bei mir.
Spannend waren von Anfang an für mich nur Kraftwerk, Can und einige wenige, deren Namen ich zwar kannte, deren Platten ich mir aber nicht gekauft habe (z.B. Cluster, deren 1. Platten nicht leicht zu bekommen waren).
Düül II waren nett, Guru Guru unter aller Kritik (Der gute Frank möchte sich zweimal drehen, wenn er mit dem Neumeier in einem Atemzug genannt wird). Die erste Xhol Caravan Single fand ich damals noch ganz gut. Der Rest? So viel zu meiner damaligen Wahrnehmung.
Nicht uninteressant auch, in diesem Zusammenhang in Kneifs Rororo-Band „Rock in den 70ern“ zu blättern (übrigens mit zwei großen Aufsätzen von WD, der Rest ist ausgesprochen ausgesprochen mager). Dort stehen Kraftwerk oder Can nicht etwa an erste Stelle der dt. Bands. Da wird viel schwadroniert über längst zu recht Vergessenes, die beiden besten laufen nur mit. Und das noch 1980. Es war schon damals ungemein peinlich, da beide Bands längst, eigentlich von Beginn an, einen entsprechenden Status hatten. Und das nicht nur unter einigen spinnerten Kennern.
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