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vorgartensorry but I don’t get it. warum postet man seine eigenen vorurteile, obwohl man sie als solche erkennt? das einzige, dass du konkret nennst, was derartiges auslösen könnte, wäre „konsequente minimalistische grafik“. aber was hat minimalismus per se mit bildung und „stil“ zu tun, geschweige denn mit volvo oder designer-sofa? (mal ganz abgesehen davon, dass viele ecm-cover nicht minimalistisch gestaltet sind.)
und warum sollten künstler und labels sich keine gedanken machen über klang und coverdesign? woher hast du die annahme, dass sie das im fall von ecm tun, damit sie ein „geschmackvolles premiumprodukt“ erschaffen? aber das sind wirklich uralte spiegelgefechte, noch dazu unter leuten mit stil und bildung, von denen der ein oder andere sogar architekt ist. da müsste mal butter an die fische, wenn die kritik treffen soll. wie gypsy ganz richtig festgestellt hat: wie soll das konkret klingen, wenn eine mittelklasse einschläft?
Vielleicht denke ich da vor allem über mich selbst nach und stelle fest, das ich gegenüber ECM Vorurteile hege? Selbsterkenntnis ist eine Voraussetzung zur Veränderung.
Ich habe übrigens explizit geschrieben, dass ich den Sinn von Klang- und Cover-Design sehr wohl erkenne und zu schätzen weiß. Das wird auch von anderen Labels oder Bands usw. betrieben, und wenn sie es bewusst und gut machen, trägt das ganz wesentlich dazu bei, wie die Musik wahrgenommen wird, ob und wie man sich damit identifiziert oder nicht. Sei es nun die Ästhetik solch eines Labels wie Raster Noton (Tzadik, Winter & Winter …) oder sogar die Punk Ästhetik, die sich Malcolm McLaren und Vivienne Westwood ausgedacht haben (oder die sie zumindest vermarktbar verdichtet haben) und die keineswegs die spontane Äußerung von ein paar Kids an der Straßenecke war. Das ist ja auch gut so!
Ich bin kein Grafiker und auch kein Werbeexperte, aber die visuelle Stilisierung der Marke ECM mit – ich sachma – künstlerischer Fotografie und/oder zurückhaltender spröder Grafik flüstert mir die Botschaft ins Ohr: „Ich bin Anti-Pop“, nicht marktschreierisch, nicht modisch, nicht konsumistisch sondern in Abgrenzung davon: Ich bin KULTUR. Stimmt ja auch. Und ist ja auch nichts gegen zu sagen.
Dass ich die Berufsbezeichnung Architekt mehr oder weniger beiläufig fallen ließ und was Dir natürlich nicht entgehen konnte, war natürlich nicht unbeabsichtigt. Der gebildete Mittelstand schläft vor allem entspannt, mit sich selbst zufrieden und bequem ein und erlebt nach dem Aufwachen keine unangenehmen Überraschungen. Jedenfalls wünscht er sich das.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)