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bullschuetzIm Thread gärte nun ein Streit um die Frage, ob man überhaupt von einer HUSCS reden dürfe. Die Mehrheitsmeinung, meiner Wahrnehmung nach: Allein schon die Annahme einer HUSCS sei hohl, unangemessen, ein Klischee.
Als hohl habe ich die Ausgangsposition im Interview bezeichnet. Diese Polarisierung funktioniert heute einfach nicht mehr. So hätte man vielleicht in Interview mit Waylon Jennings 1973 eröffnen können. Seit Jahrzehnten fließen Country-Einflüsse in die US-Popmusik ein, Tweedy ist selbst seit 20 Jahren im Geschäft. Wenn man da nun plötzliche wieder Gegenentwürfe oder Statements gegen ein konservatives Country-Lager auszumachen glaubt, geht man von längst aufgeweichten Grenzen aus, zumal man ja auch traditionelle Country-Künstler nicht alle bequem ins Tea-Party-Töpfchen werfen kann.
bullschuetz All die US-Flaggen, Cowboyhüte, Weißkopfseeadler-Gürtelschnallen und, sobald in einer Bühnenansage von den „United States“ die Rede war, auch all die hochgereckten Fäuste, die ich mal bei einem Charlie-Daniels-Konzert im Publikum gesehen habe, haben mich – bei aller Freude, die ich an der Musik hatte – damals schwer irritiert. Da drückte sich in Kleidungsstil und Gebaren ein derart offensives, plakatives, stürmisches, fast wütendes Bekenntnis zur Nation, ihrer Kultur und ihren Werten aus, wie ich es mir in Deutschland einfach bis heute nicht vorstellen könnte
Dass Amerikaner da ein anderes Selbstverständnis haben, ist klar. Themen wie Heimatverbundenheit und kulturelle Werte werden ja auch häufig von Americana-Bands aufgenommen – ganz ohne nationalistischen Beigeschmack. Bei mir haben sich viele stereotype Vorstellungen auch in persönlichen Erfahrungen und Begegnungen relativiert. Inzwischen latsch ich, wenn ich dort bin(!), sogar selbst völlig ungeniert im Stetson durch die Gegend, einfach weil’s ein super praktisches Kleidungsstück ist und nicht bloß ein Folklore-Accessoire für Rednecks.
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