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Sonic JuiceZunächst muss ich sagen, dass auch ich mich – neben diversen anderen Aspekten Deiner Argumentation – insbesondere daran störe, dass Du viele unterschiedliche Spielarten der sog. „Country & Western“-Musik in einen Topf wirfst, um möglichst alle negativen Klischees unter einen Deckel zu bekommen. Bluegrass, Blue Yodel, Hillbilly, Western, Western Swing usw.
Diese Irritation kann ich nachvollziehen. Die begriffliche Zusammenführung diverser Spielarten stammt nicht von mir, sie diente lediglich als Hilfskonstruktion, um zu erklären was ich für mich als (frühen) C&W erkenne (Hillbilly, Old-Music, Blue Yodel, Western Swing).
Sonic JuiceWenn Du bei Rodgers, dem blue yodeler, nun vielleicht anerkennen würdest, dass seinem Werk mit „Volkstümelei oder auch schlechten Geschmack“, „Ausgrenzung“ etc. massives Unrecht angetan wird, fällt m.E. Deine gesamte These wie ein Kartenhaus zusammen, da ihr das tragende Fundament fehlt.
Weder Rogers noch Rodgers, überhaupt keinem Musiker, werfe ich etwas vor. Dieses hartnäckige Missverständnis zieht sich durch diesen Thread und beruht auf einer grob verkürzten Formulierung, die sich zudem noch auf einen anderen Zusammenhang in einem anderen Thread bezieht.
Ich versuche schon eine Weile klarzustellen, dass ich weder Musiker noch Songs als ‘reaktionär’ ansehe, sondern eine bestimmte bigotte Bevölkerungsgruppe, die jene Musik hörte, die ich als C&W bezeichne (siehe oben). Ich verunglimpfe also keine Künstler. Das wäre auch unsinnig, denn gerade diese, egal ob weiß oder schwarz, haben die auf der Segregation beruhenden gesellschaftlichen Barrieren ignoriert, wo dies möglich war. Weiße wie schwarze Musiker haben zusammen gespielt und sich gegenseitig beeinflusst, auch wenn keine gemeinsamen Auftritte möglich waren.
Das was ich an Liedern aus dieser frühen C&W-Phase (Old-Music, Hillbilly, Western etc.) aus diversen Compilations & Boxen kennenlernen durfte – und nur von dieser Phase habe ich die ganze Zeit gesprochen – halte ich zu einem großen Teil allerdings tatsächlich für volkstümelnde, seichte Musik. Die von Dir zitierte ‘Ausgrenzung’ bezieht sich nicht auf Songs, sondern auf die ländliche Darbietung während der Anfänge von Country, der eine weiße Veranstaltung war, bei der schwarze Bevölkerungsschichten ausgeschlossen waren (etwa zwischen 1920 und bis in die Mitte der 50er Jahre). Das Umfeld dieser Veranstaltungen, diese bigotte intolerante Schicht verurteile ich. Der gesellschaftspolitische Vorwurf richtet sich also nicht gegen Songs, nicht gegen Künstler selbst; jene sind eine persönliche Geschmacksfrage.
Sonic JuiceÜbrigens würde ich es begrüßen (nicht nur speziell an Dich gerichtet), wenn man die Begrifflichkeit Country & Western tatsächlich einfach als Oberbegriff für zwei eigene Genres ansehen würde, nicht als eigenes Genre wie „Rhythm & Blues“. Wenn es tatsächlich nur um/gegen die singenden Cowboys vor der Monument Valley-Fototapete gehen soll, dann stimmt der Begriff „Western“ (ohne Country) nach wie vor. Sonst wird es wieder unscharf.
Mit diesen unterschiedlichen Begriffen haben eine Menge Leute Probleme. Mir selbst gefällt am Liebsten, was ich aus der Box ANTHOLOGY OF AMERICAN FOLK MUSIC und einiger anderer Veröffentlichungen von Smithsonian Folkways gelernt habe. Dort werden sämtliche Spielarten (Country, Folk und Blues) unter dem sinnvollen Oberbegriff ‘American Folk Music’ zusammengefasst.
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