Re: Keith Jarrett

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gypsy-tail-wind
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Joe Sample … ein paar frühe Aufnahmen mit den Crusaders, v.a. als sie noch die Jazz Crusaders waren, finde ich sehr toll, ich habe auch die Box mit den MPS-Alben, da ist vieles drauf, was grossen Spass macht, aber in die alleroberste Liga kommt er damit nicht. Was in den letzten Jahren oder Jahrzehnten gemacht hat, habe ich nicht verfolgt, Projekte mit Sängerinnen gab es, ich glaube er spielt nach wie vor eher elektrisch als akustisch, ja? Das ist wohl (auch bei mir irgendwie, muss ich eingestehen) ein Grund, warum ein Musiker nicht im richtigen Masse geschätzt wird – weil der persönliche Touch des Pianisten auf dem elektrischen Instrumentarium zur Nebensache wird, sich andere Aspekte in den Vordergrund drängen, die mehr mit dem Klang und mit Ideen zu tun haben als mit dem, was man vom Pianisten, der sich mit der Klaviatur abmüht, wirklich hört … alte Konventionen, gewiss. Ich möchte Jarretts elektrische Musik mit Miles gewiss nicht missen, habe überhaupt meine Dünkel gegenüber elektrischen Klavieren längst abgebaut und mag den Sound von alten Fender Rhodes oder Wulrlitzer E-Pianos unglaublich gerne … aber der persönliche pianistische Touch, die Kultur des Anschlages etwa, geht da halt tatsächlich unter.

Die beiden Posts von Shipp und Iverson las ich vor einigen Tagen schon, Iversons Antwort hat mich ebenfalls sehr erfreut, gerade auch im Hinblick auf die angeblichen devoten weissen Kritiker. Wenn Iverson schreibt, lese ich sehr gerne, wenn er spielt, ist er mir bisher ziemlich gleichgültig. Ich habe ein schönes Album mit Dewey Redman (eine Jarrett-Connection, gewiss!), aber den ganzen Hype um The Bad Plus begriff ich nie, die paar Sachen, die ich von ihnen hörte (Live-Aufnahmen am Radio) fand ich extrem langweilig.

Bei Shipp habe ich längst etwas den Anschluss verpasst, fast alles, was ich an Offiziellem habe, ist inzwischen über zehn Jahre alt … es gibt gewiss sehr feine Aufnahmen von ihm, aber es gibt auch Momente, da scheint er irgendwie auf Auto-Pilot sein Ding zu machen und langweilt mich dann rasch. Er berührt mich die meiste Zeit nicht wirklich mit seiner Musik (das ist bei Jarrett aber nicht anders, bloss erfreue ich mich bei Jarrett doch sehr oft an dem, was ich höre, auch wenn es nicht der Schraubenzieher im Herz ist, den er hervorholt).

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