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nail75Ging das ans Publikum? Für akkreditierte Fotografen gilt das eigentlich immer.
Ja, das ging offen als Ansage raus, zu Beginn des Konzertes. Der Typ, der einen Fausthieb riskierte (er wusste wohl nichts von Mehldaus Boxkünsten) war glaub ich auch aus dem Publikum, aber ich sass etwas zu weit weg, um das genau zu erkennen.
Nicht_vom_ForumWenn es denn wirklich nur ein Fall von „weinerliche Leberwurst“ ist… Wenn er ernsthafte psychische Probleme hat, ist es mit „zusammenreißen“ oder ähnlichem eben nicht getan. Ganz von der Problematik abgesehen, ob er sich dann noch genug entspannen kann, um auf dem Niveau zu improvisieren, das andere (und er selbst) bei einem Konzert erwarten.
Entspannen kann Jarrett sich vermutlich nie. Von den Aufnahmen mit Haden (ich hab „Jasmine“ endlich, ziemlich toll! A propos ernsthafte Probleme: gibt es zu Haden etwas Neues?) gab es in einer Doku (über Jarrett wohl, kann mich nicht mehr erinnern) mal Ausschnitte, wie die beiden in Jarretts Heimstudio spielten – und selbst da krümmte Jarrett sich unter Schmerzen, als würde er gleich Fünflinge gebären … ich höre ihm ja wirklich gerne zu, auch sein Gestöhne stört mich in den allermeisten Fällen nicht, aber ich glaub im Konzert würd ich die Augen schliessen (oder DeJohnette zuschauen).
Zudem ist das mit dem Improvisieren und dem Niveau und dem Publikum so eine Sache … gerade die grossen Solo-Aufnahmen Jarretts (ich denke da eher an Bremen, Lausanne als an Köln) brauchen doch das Publikum – diese Atmosphäre kann in einem Studio nicht entstehen, diese Anspannung, die auch zu Inspiration führen kann (in Köln war das eher der vestimmte Flügel, aber das merkte das Publikum ja auch nicht, s.u.). Dass daraus eine Hassliebe werden kann, gekauft. Aber die Idee, dass Jarrett lieber ohne Publikum existieren würde, käme wohl nicht mal Jarrett selbst.
kramerGerade bei Jarrett dürfte es 90% des Publikums nicht einmal bemerken, wenn er sein Niveau nicht hält.
Ja, das wird ja im verlinkten Artikel auch erwähnt … das Niveau des Trios ist wohl auch auf Autopilot höher als so manches, was andere „Spitzen“-Jazz hinkriegen. Ob es den aufmerksamen Hörer noch mitzureissen vermag, ist eine andere Frage, aber ich wundere mich sowieso, wo all die vielen Leute, die zu Jarrett pilgern, jeweils bei den feinen Jazzkonzerten sind, an denen sich zwei oder drei Dutzend Zuhörer einfinden … anders gesagt: zu Jarrett geht doch eh kein Jazzpublikum. Ich will den Leuten nicht ihre Fähigkeit, differenziert wahrzunehmen absprechen oder ihre Motivation, zu Jarrett zu gehen, schlechtreden … aber dass das ein anderes Publikum ist als dasjenige, das Jazzkonzerte frequentiert, scheint mir doch ziemlich gewiss.
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