Re: Me and Kris Kristofferson all over Europe

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masureneagle

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Warmherzige Poesie

Kris Kristofferson im Theaterhaus.

Ein Sänger, dessen sanfte Stimme genauso unspektakulär ist wie das dahinperlende Spiel auf der Akustikgitarre. Einfache, harmonische Melodien um Geschichten von Liebe, Freiheit und Einsamkeit. Dann und wann ein sparsames Solo auf der Mundharmonika, die auf einem wackligen, am Hals befestigten Metallhalter sitzt – alles ist so wie schon immer in der Countrymusic. Doch in den Songs von Kris Kristofferson spielen Cowboys keine Rolle, auch von Trucker-Romantik ist nichts zu hören. Stattdessen singt er in „Road to Glory“ von Mahatma Gandhi, später von der Unfreiheit von Gefängnisinsassen, und in „Sandinista“ beschwört er mit Sympathie „the spirit of freedom and liberty“, den er bei der sandinistischen Revolution in Nicaragua miterlebt hat. Bei „Me and Bobby McGhee“ denkt er immer an „Nine-Eleven“, und in „Here comes that Rainbow again“ geht es mit warmherziger Poesie um die Freude von armen Kindern an kleinen Geschenken.
Kris Kristofferson ist auch mit 72 Jahren ein unbeirrter Vertreter der anderen, „Progressive Country Music“, die den Blues des weißen Mannes seit mehr als 40 Jahren anders interpretiert als die Klampfen-Heerscharen mit karierten Hemden und sonnenverbrannten Nacken.
Das Publikum im vollbesetzten T 1 des Theaterhauses genießt den 90-minütigen Soloauftritt des charismatischen Mannes in einer Atmosphäre zwischen Andacht und Begeisterung. Kristofferson, der Wanderer zwischen Folkballaden und Country, der jüngst nochmals eine CD („This old Road“) produziert hat, zeigt immer noch alternative Wege der Countrymusic auf.

Stuttgarter Nachrichten vom 23. Juli 2008 von Walter Rebstock

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