Re: BAP – "Radio Pandora"

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djrso
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AlbertoBAP war in den 80ern trotz der anspruchsvollen Texte immer Party-Musik.

Ich kann aber auch nach fünf Jahren Forum nicht erkennen, was daran falsch sein soll, bzw. warum ein gutes Stück plötzlich schlechter wird, nur weil es (auch) auf Partys gespielt wird. Macht aber auch nichts, ich muss nicht alles verstehen, dafür gibt es ganz andere Koryphäen.

LoplopVielleicht war es ja nur ein Druckfehler, es fehlt einfach ein Stern; dann erübrigt sich die Diskussion. (Man kann sich im Forum ja nicht mal über das Existenzrecht von deutschsprachiger Popmusik einigen, man kann also nicht verlangen/erwarten, das eine Band mit kölschen Texten wie jede andere Band behandelt/bewertet wird, welche ein Album mit Songs durchgehend hoher Qualität gemacht hat; schon gar nicht, wenn der Sänger sich Sorgen um afrikanische Kinder macht.)

Ja, leider. Sehr schade. Und die afrikanischen Kinder sind ja auch noch nicht alles.

Stillstand… ist recht einfach beschrieben: Ein großer Teil des deutschen Musikjournalismus hat irgendwie ein ungutes Gefühl dabei, die Band höher zu bewerten als es meistens – so auch wieder im RS getan wird. Wobei es nicht um die Punkte geht. Es geht um eine merkwürdig fremdelnde Distanz zu einer Band, die nunmehr seit über 30 Jahren ein Oevre geschaffen hat, mit dem sie in anderen Ländern als sowas wie ein Nationaldenkmal abgefeiert würden. Niedecken ist der Erzähler deutscher Zunge, der es schafft, im mal engen, mal weiteren Korsett des Rock’n’Roll Geschichten zu erzählen, für die andere Romane schreiben müssten. Nachvollziehbare, manchmal auch sentimentale Geschichten, übrigens auch humorvolle – und ja: auch volksnah und intelligent – aber nicht intellektuell abgehoben. Zudem erreicht BAP immer noch mehrere Generation, und das hat sicher etwas mit vorgenanntem zu tun. Mittlerweile hat sich auch die musikalische Qualität der Band kontinuierlich gesteigert, man kann die Band zehnmal in einem Jahr live sehen und erlebt nie das gleiche Konzert.
Dass sie ziemlich stur gegen alle Trends noch immer erfolgreich sind, ist manchen Kritikern offenbar auch nicht geheuer, und das führt dann zu so verklemmten Reaktionen wie der RS Kritik, die eigentlich nur eine dünne Nacherzählung dessen ist, was auf dem Album passiert. Kaum vorstellbar, daß irgendein amerikanischer Rockkritiker auf eine Neuveröffentlichung – sagen wir mal von Springsteen – so mau und flach reagiert. Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass ständig nach Argumenten gesucht wird. die Band als eine seltsamerweise immer noch vorhandene kulturelle Randerscheinung abzutun. So, wie der Begriff Mundart-Rock hier in der Diskussion benutzt wird, hat er was abschätziges. Und ich vermute mal, dieses offensive Kölsch überhaupt nicht verstehen wollen kommt oft von Leuten, die es sicher toll fänden, wenn ihre Lieblingscombo eine kirgisische Hirtensprache rückwärts singt. Was nützt mir, wenn die neuen Helden aus Hamburg hochdeutsch singen, ich aber die Texte drehen und wende kann wie ich will – und trotzdem nichts darin finde, was mich anspricht? Was nutzt mir der so coole Lindenberg (der ja von manchen als Positivbeispiel BAP entegengehalten wird), wenn ich in ihm nur noch eine tragische Figur höre, die sich seit 30 Jahren als immer weltfremderer Berufsjugendlicher geriert?

Also: Kein Grund zur Heldenverehrung, aber einfach ein Apell, die Band mal da zu sehen, wo sie hingehört – in Punkto Relevanz (ja. auch für die Masse). Im deutschen Sprachraum dorthin, wo international Springsteen, Tom Petty oder meinetwegen auch U 2 stehen. Mögen muss man sie ja trotzdem nicht. Aber die Aufgabe des Kritikers ist nicht nur Mögen oder NIchtmögen, sondern auch Einordnen und bewerten. Und ob die von mir bislang so missvertandenen Tocotronics, Kettcars oder Elemements of Crime mal dahin kommen, darüber rede ich gerne in zehn, fünfzehn Jahren.

Dem kann ich mich in vielen Teilen anschließen.

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