Re: BAP – "Radio Pandora"

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djrso
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Prometheus brachte den Menschen ohne Erlaubnis der Götter das Feuer. Der darüber erzürnte Zeus ließ Pandora (die Allbeschenkte) erschaffen, welche Epimetheus, den Bruder von Prometheus ehelichte. Als Mitgift brachte sie die „Büchse der Pandora“ mit. Entgegen der Auflage, das Gefäß stets geschlossen zu halten, öffnete Epimetheus die Büchse und brachte so Mühen, Krankheit, Krieg, Leid und Tod über die bis dahin unsterbliche Menschheit. Nur Elpis, die Hoffnung, blieb am Rand der Büchse haften.

Keineswegs zufällig lehnt die Kölner Band BAP ihr neues Werk „Radio Pandora“ dem griechischen Mythos an, indem Sie ihn auf ihre eigene Weise interpretiert, die Thematik auf lebensnahe, im Jetzt spielende Begebenheiten umbricht. Im Gegensatz zum Mythos bleibt auf dieser Platte jedoch, und das ist eine Kernbotschaft des Albums, neben allem Übel und Leid , die Hoffnung nicht auf der Strecke sondern zieht sich wie ein roter Faden durch das umfangreiche Material.

Denn nach dem Quasi-Best-Of-Album „Dreimal Zehn Jahre“ und etlichen Gastspielen liegt nun „nach vier Jahren des Reisens und Erlebens“, wie es Frontmann Wolfgang Niedecken bei der öffentlichen Präsentation der Stücke formuliert, ein mit Erinnerungen, Geschichten, Bildern und Erlebnissen prall gefüllter Koffer in Form zweier CDs (bzw. drei LPs) vor. Zusätzlich ist das Doppel-Album in einer limitierten, „Radio Pandora Box“ genannten Edition im Koffer-Look erhältlich.. Aufgeteilt wurde das neue Material in vierzehn „plugged“ und ebenso viele „unplugged“ aufgenommener Songs, die es wahrlich in sich haben. Galten BAP bis hierhin als Gruppe, die ihren künstlerischen Zenit bereits überschritten hatte, darf das aktuelle Werk durchaus als ein neuer Höhepunkt der Bandgeschichte angesehen werden. Mit der inneren Gelassenheit, Niemandem außer sich selbst etwas beweisen zu müssen, wirkt die Gruppe homogen, einander zugewandt, von jeglichen Zwängen befreit und glänzt insgesamt mit einem weitgehend makellosen Doppel-Album.

Die Songs, in gefühl- und geschmackvolle Melodien gegossen, werden auch im elektrifizierten Teil nicht unnötig zerrockt, sondern wirken sowohl musikalisch als auch in der Art des Vortrags überwiegend fein nuanciert und ausgewogen. Dabei ist festzuhalten, dass die unplugged aufgenommenen Stücke ihre Wirkung deutlich zarter, feiner, eindringlicher und intensiver entfalten als ihre elektrifizierten Gegenspieler. Das eine oder andere Stück (z.B. „Duude Bloome“) erinnert dabei erfreulicherweise an die Zeit Niedeckens, als dieser, sich selbst auf der Gitarre begleitend, als sogenannter Südstadt-Dylan durch die Kneipen Kölns zog, bzw. an die Anfänge von BAP, wobei hier die musikalischen Fertigkeiten inzwischen natürlich sehr viel ausgereifter und professioneller sind. Sehr angenehm, und das Klangspektrum deutlich erweiternd sind die von Dauergast Anne de Wolf eingespielten Violin- und Viola-Parts. Darüber hinaus stellt die Künstlerin eine gesangliche Bereicherung der Band dar, da sie neben einer Anzahl Backing Vocals bei einem Teil der Stücke die angenehm zarte, zweite Stimme singt.

Bisweilen erstaunlich kann man die Leistung des Drummers Jürgen Zöller bezeichnen, der im Vorfeld der Veröffentlichung bekannte, er habe für diese Platte viel lernen müssen. Den Erfolg dieser Bemühungen hört man einigen Stücken (z.B. Diego Paz wohr nüngzehn“ oder „Enn ’ner Naach wie der“ ), in der Art, wie sie vor Virtuosität und Lebendigkeit sprühen, deutlich an. Last but not least, darf natürlich auch die grundsolide und von Spielfreude gekennzeichnete Arbeit der anderen Bandmitglieder Helmut Krumminga (Gitarre), Michael Nass (Tasten) und Werner Kopal (Bass) nicht unerwähnt bleiben.

Die Texte sind fast alle als gehaltvoll, tiefgehend und durchdacht zu bezeichnen. Inhaltlich liefern die Beschreibungen und Bilder auf eindrucksvolle Weise den Soundtrack zu einem im Kopf des Hörers ablaufenden Film. Das den Musikern genau dies als Ziel bei den Aufnahmen vorgeschwebt habe muss, legen unter anderem die Lyrics zum Stück „Songs sinn Dräume“ nahe, bei denen sich Niedecken auf eine Passage aus Bob Dylans „Chronicles“ bezieht. Dort äußert sich der Autor zum Vorgang des Songschreibens. Bei Niedecken klingt das dann so:

Songs sinn Dräume, manchmohl Dräume
(Songs sind Träume, manchmal Träume)
Deja-Vus vun jet, wat noch wohr weede soll.
(Deja-Vus von dem, was noch wahr werden soll.)
Songs sinn Länder, fremde Länder,
(Songs sind Länder, fremde Länder,)
wo mer immer schon hin wollt.
(in die es einen immer schon mal zog.)

Überhaupt wird auf „Radio Pandora“ dem Vorbild Wolfgang Niedeckens mit der Interpretation dreier Dylan-Stücke ein großes Maß Ehre zuteil. Im Einzelnen sind dies die Stücke „Für immer jung“ („Forever Young“), „Senor“ und das schöne „Jed Körnche Sand“ („Every Grain Of Sand“). Daneben diente für das schon countryesk anmutende Stück „Duude Bloome“ der Track „Dead Flowers“ vom Album „Sticky Fingers“ der Rolling Stones als Inspirationsquelle.

Neben diesen Huldigungen an die Idole haben die Stücke wie bereits aus der Vergangenheit gewohnt, sowohl gesellschafts- und weltpolitische Themen und Missstände, als auch Persönliches und Alltägliches zum Gegenstand.

„Noh Gulu“, das im Vorjahr in einer Live-Version gegen eine freiwillige Spende von der Band-Webseite herunter geladen werden konnte, handelt von den sogenannten „Nachtpendlern“ im bürgerkriegszerrütteten Norden Ugandas; Kindern, die sich zu Tausenden auf den Weg in von Militär beschützte Zeltlager machen, um den Zwangsrekrutierungen der Rebellen zu entgehen.

„Kron oder Turban“ beinhaltet in Wesentlichen die Aussage, dass es nicht wichtig ist, welcher Glaubensgemeinschaft sich ein Mensch zugehörig fühlt, sondern gegenseitiger Respekt Fairness und Rücksichtnahme Grundlage friedlichen Zusammenlebens sind.

„Musik, die nit stührt“ ist die eher halbherzige Abrechung mit dem Formatradio, da gerade dieses Stück selbst ein klitzekleines Bisschen in Richtung Airplay schielt. „Morje fröh doheim“ handelt von einem Fernfahrer, der Sehnsucht nach seiner Familie hat. Durchaus reizvoll ist die Vorstellung, dieses Stück als Fortsetzung der Geschichte von „Frau, ich freu mich“ anzusehen. Eine weitere Fortsetzungsgeschichte, hier in der Niedecken’schen Familiensaga stellt „Dä letzte Winter em letzte Kreech“ dar, welches nach „Verdamp lang her“ und „Chippendale-Desch“ nun den Großvater des BAP Frontmannes in Szene setzt. „Frankie un er“ beschreibt nur wenig verklausuliert die freundschaftliche Beziehung zwischen Wolfgang Niedecken und dem ehemaligen Bandmitglied Manfred Boecker und „Et ess wie’t ess“ verkörpert auf typische Weise die Zuversichtlichkeit kölschen Naturells. Die Fabel von Frosch und Skorpion wird mit der abenteuerlichen Begründung, dass Frösche nun mal nicht rocken, kurzerhand und rockkompatibel in „Wolf un Skorpion“ umgedichtet. Trotz des hinlänglich bekannten Stoffes vermag das Stück durch seine interessante Umsetzung Spannung aufzubauen.

Die Abteilung Liebeslieder wird vor allem durch die Stücke „Magdalena (weil Maria hatt ich schon)“ , „Enn ‚ner Naach wie der“ und „Wa’ss loss met dä Stadt?“ repräsentiert, wobei letzteres an die Stadt New York und ihre Bewohner gerichtet ist. Das jazzige Stück beschreibt eindringlich und dennoch sensibel den lähmenden Zustand, „klebriger Angst“, die seit den Anschlägen im Jahre 2001 allgegenwärtig zu sein scheint.

Trotz der Konzeption, „Radio Pandora“ in zwei Versionen zu veröffentlichen, muss man beide Platten des Albums hören, da selbst die auf beiden Scheiben vorhandenen Stücke eine derart starke Eigenständigkeit aufweisen, dass sie keinesfalls nur als eine (nicht-) elektrifizierte Version ihres jeweiligen Pendants angesehen werden dürfen. Mit diesen also gewissermaßen 28 neuen Stücken gelingt der Kölner Band darüber hinaus das schwierige Kunststück, ein Doppelalbum ohne nennenswerte Füller oder langweilige Passagen vorzulegen. Die besondere Stärke dieses Albums liegt eindeutig bei den unplugged aufgenommenen Stücken, die durchgängig von edler Schönheit sind. Aber auch die andere, rockigere Seite der Stücke weist schöne und hörenswerte Songs auf, fällt aber qualitativ im Gesamtbild leicht zurück. Auch die Produktion erscheint hier etwas weniger klar und transparent, was den Stücken eine Teil ihres unbestreitbaren Potentials nimmt.

Abschließend gelangt „Radio Pandora“ zu einer Gesamtwertung von **** ½ , die sich aus ***** für den unplugged-Teil und aus **** für die plugged-Versionen zusammensetzt.

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Doe maar gewoon... dan doe je al gek genoeg!