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Radio Pandora – plugged
Die ersten Töne von der plugged-Scheibe lassen mich hellhörig werden. Das kenne ich doch? Na klar, das Intro von Neil Diamonds „I Am… I’m Said“. Doch dann wird alles anders. Ein seichter Beginn mit „Prädestiniert“. „Hühr zo, Pandora“ hat Melodien, die mitgesungen werden wollen. Hier zeichnet Niedecken für Text und Musik verantwortlich. Der dritte Song „Et ess, wie’t ess“ verdirbt mir dann die Freude am Album. Von den 14 Songs ist dies ein Totalausfall, sowohl thematisch, wie auch musikalisch. Bei aller Hingabe der Musiker, bleibe ich ratlos, wie es der Song mit den anderen aufnehmen soll, gerade dem Folgenden: „Diego Paz wohr nüngzehn“. Da groovt und rockt es aus allen Ecken und Niedecken hat wieder diese knarzige Stimme, tief im Bassbereich und mit krächzenden Obertönen. Die Sorge, dass BAP jetzt auf dem Album alles breitbeinig zerrocken, ist unbegründet. Natürlich gibt es reichlich Gitarren und so wie einige Songs nur auf dem unplugged-Album zur Geltung kommen, gibt es hier Rocksongs, die den Namen verdienen und die ich unplugged gar nicht hören möchte. „Diego Paz wohr nüngzehn“ gehört ebenso dazu wie „Wat für `e Booch“, das Jürgen Zöller in seinem Alter noch mal alles abverlangt. Er selbst sagte ja mal im Hinblick auf die neuen Songs, dass er noch mal viel lernen musste. Auch der Hörer wird sich hier wundern, welche Kraft in der Band steckt.
Frankie un er“ bleibt auch in der elektrischen Version sensibel und packend. Auch hier handelt es sich wieder um eine reine Niedecken-Komposition. Vielleicht seine beste bisher, die auf einem BAP-Album gelandet ist. In „Wolf un Skorpion“ vertonen BAP eine Fabel. Ich gewinne den Eindruck, dass Text und Musik nicht zusammen passen wollen. Daran ändern auch die Erzählpassagen in dem Song nichts. „Kron oder Turban“, auf dem unplugged-Album noch ein Punktelieferant, verliert sich hier im Mantelrock. Geradezu beliebig wirkt der Gesang mit der Musik. Auf diesem Album nicht mehr als ein Füller. „Noh Gulu“ wirkt jetzt weniger bedrohlich, dafür sorgen zusätzliche Percussion für eine typischere Stimmung. „Morje fröh doheim“ gewinnt hier deutlich in der elektrischen Version, so wie „Wa’ss loss met dä Stadt“ den jazzigen verrauchten Charme der unplugged-Version verliert. „Musik, die nit stührt“ erscheint mir wie eine kleine Stilübung. Hier ist mir die ausschließliche Beschreibung eines Zustands etwas zuwenig, denn den Zustand nehme auch ich unfreiwillig wahr. Doch zum Schluss kriegen sie dann noch mal die Kurve und bieten mit „Songs sinn Dräume“ und der Dylan-Übersetzung „Für immer jung“ Höchstleistung. Speziell die Cover-Version ist ein Hörgenuss.
Fazit: Das elektrische Album bietet neben vielen Höhepunkten leider auch Talabfahrten. Es erreicht nicht die volle Punktzahl, siedelt sich im Gesamtkatalog von BAP aber weiter oben an. Bei mir für vier Sterne gut.
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Das fiel mir ein als ich ausstieg.