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lathoKlar, das ist wie üblich: ein achtenswertes Thema macht noch keine gute Geschichte und Schindlers Liste ist kein besonders guter Film. Die Figur Samias ist eigentlich sehr sympathisch, Kleist stellt das auch schön dar. Aber das Thema Flucht ist vielleicht zu eindimensional (dargestellt), so dass man tatsächlich wenig findet, was die Geschichte heraushebt.
So habe ich es auch wahrgenommen.
Zumal die Hauptfigur Hertzko Haft ja keine sympathische ist, man weiß aber, warum er so brutal wurde – das ist eine weitere Seite der Geschichte: Wird es Hertzko schaffen, nicht nur physisch wieder in der Zivilisation anzukommen. Eine der beeindruckensten Szenen des Buchs spielt ja nicht in Polen oder Russland – die spielt in Florida, als Haft und sein Sohn zum Flughafen fahren.
Ja, genau. Die Szene, von der Du sprichst, ist die – wenn ich mich recht erinnere – wo Hertzko sozusagen am Steuer zusammenbricht, sich erinnert und anfängt zu erzählen. Und noch mal ja, Hertzko ist nicht sympathisch, er ist brutal, macht sich und anderen, selbst seiner Familie etwas vor, ist durch seine Vergangenheit geprägt, der er aber auch nicht entkommen kann. Diese Brutalität hat er gelernt, um damals – im Holocaust – zu überleben. Diese ganze Widersprüchlichkeit in der Person Hertzko Haft und der Geschichte macht sie ja so entsetzlich, verwirrend und menschlich. Großartige Geschichte.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)