Re: Graphic Novels

#6453535  | PERMALINK

latho
No pretty face

Registriert seit: 04.05.2003

Beiträge: 36,937

FriedrichDanke für Deine – wenn auch knappe – Rückmeldung. Aber wenn Du Kiesgrubennacht nicht gelesen hast, kannst Du natürlich auch nichts dazu sagen. Ich hatte schon befürchtet mich etwa zu lang gefasst zu haben und damit Leser abzuschrecken. Aber es fällt mir halt viel dazu ein und selbst über eine misslungene graphic novel kann man viel sagen. Es ist mir völlig rätselhaft, wieso Kiesgrubennacht von der Kritik so gelobt wird. […]

Das ist wie bei Film auch, die meisten Kritiker haben wenig Ahnung von der Kunstform, verstehen sie nicht und sind vom Chefredakteur abgeordnet worden, weil Comics eben „jeder lesen kann“ (oder sie bilden es sich selber ein). Also bespricht man nicht den Comic selber, sondern nur sein Thema. Es gab Kritik an dem Zustand, große Aufregung und eine Diskussionsrunde in Erlangen, ändern wird das aber nichts, ist ja schließlich das grundlegende Problem v.a. des Online-Journalismus.

Friedrich
Wer könnte das schon? Aber versuch doch mal den Begriff Roman zu definieren:

Wikipedia:

Alles klar? ;-) Dennoch wird der Begriff Roman völlig selbstverständlich gebraucht. Ich sehe gerade, die FAZ hat jetzt sogar den Begriff [I]Comic Roman erfunden – als Übersetzung des französischen bédénovela. Das hält die FAZ wohl für besonders originell, obwohl im Französischen wohl auch der Begriff roman graphique gebräuchlich ist. Ulkigerweise wird dieser FAZ-Comic Roman aber in Episoden von der Länge einer Seite veröffentlicht, die außerdem noch von jeweils anderen Zeichnern gestaltet werden. Na denn …

Mir ist klar, dass die ganzen Form-Definitionen auch in der Literatur selber ebenfalls unklar sind, aber das ist in meinen Augen nicht das Problem. Es liegt eher daran, dass Literatur und Comic zwei völlig unterschiedliche Kunstformen sind und mit der gleichen Berechtigung, mit der ich „Comic-Roman“ einführe, könnte ich auch eine „Film-Kurzgeschichte“ einführen oder einen „Roman-Gemälde“. Die Tatsache, dass Comics auf Papier, in Buchform präsentiert werden, verleitet dazu, sie der Literatur gleichzustellen, sie auch mit den selben Mitteln zu kritisieren. Das funktioniert aber nur in den seltesten Fällen.
(Einmal mehr empfehle ich dazu Scott McClouds „Understanding Comics“)

Friedrich
Superhelden sind ein Genre, keine literarische Gattung und daher können Watchmen oder Batmann Year One und The Dark Knight Returns gleichzeitig superhero stuff und meinetwegen Graphic Novels sein. Es kommt mir nicht auf den Begriff an. Es geht mir um „lange zusammenhängende Werke, die einen Anfang und ein Ende haben“, wie Du schreibst. Ich glaube damit kann man schon ganz gut arbeiten.

Ja, irgendwie muss man ja so einen Begriff für eine „lange Erzählung“ haben, da ist graphic novel so gut oder schlecht wie jeder andere. Superhelden waren ein Genre, das auch die Form vorgab, in den 70ern hatten die Comic Books eine gewisse Länge und eine meist abgeschlossene Geschichte – übergreifende story arcs oder gar zusammenhängende Geschichten über mehrere Hefte, wie sie heute an der Tagesordnung sind, gab es nicht.

--

If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.