Re: Punkrock

#6283471  | PERMALINK

cleetus

Registriert seit: 29.06.2006

Beiträge: 17,293

Rancid – Life won’t wait

Hui, das war ein heißer Sommer damals im Jahre ’98. Der kleine Cleetus war gerade 15 geworden, trug die Hosen jetzt etwas tiefer und verbrauchte eine Tube Shoe-Glue pro Woche. Die VansWarpedTour war vorbei und das Tourposter gehörte ebenso zur Pflichtausstattung eines jeden anständigen Bubenzimmers wie die ReefBrazil-Foldouts die man beim Boarder’s (Adolf-Rosshaupter-Str.//R.i.p.) immer umsonst bekam. Und da stand neben meinen damaligen Helden NOFX, Lagwagon, Bad Religion und Pennywise auch eine Band mit Namen „Rancid“ auf der Anzeige. In Inzell (!!) waren sie leider nicht dabei, ebensowenig in Innsbruck und so gesehen konnte ich mit dem Namen erstmal nix anfangen und Rancid gerieten in Vergessenheit. Einen Monat später war ich dann, wie so oft damals, beim Libro in der Maxi-CD-Abteilung und da stand, lustig neben DJ Bobo und Piffy P. Daddy Puff, die Single „Bloodclot“, das Cover sah schonmal sehr gefährlich aus, vielleicht ist das richtig harter Stoff und ich bekomme extra Respekt-Punkte bei den großen Skatern wenn ich mit sowas ankomme dachte ich mir. Gekauft, in den 8kg schweren Sony Discman eingelegt und mit dem Bus nach Hause gefahren. Denkste. Am Bahnhof bin ich ausgestiegen, den ganzen Weg zum Libro zurückgelaufen sofort zum Informationsstand, wo seit jeher diese pferdeschwänzigen Vollpfeifen arbeiten: „Rennzit? Hamma ned!“ – Diskussion Ende. Ich ging dann mit „Bloodclot“ auf Dauerrepeat Richtung Müller und fühlte mich einerseits niedergeschlagen, andererseits glücklich wie nie ob dieser für mich musikalisch wichtigsten Entdeckung meines jungen Lebens. Bis dahin dachte ich:“Bad Religion, hm ja, die machen ordentlich Dampf!“, jetzt, gegen diese Single, wirkte „American Jesus“ wie Richard Clayderman. Beim Müller hatte ich dann Glück: „Türlich, stehtdahintenrechts“.

Nach 9 Jahren und durchschnittlich einem Hördurchgang pro Woche ist das immer noch eine meiner liebsten Platten. Die darauf vertretene musikalische Vielfalt hat mich zum Reggae/Ska verführt, wofür ich mehr als dankbar bin, und mich mehr als einmal mit offenem Mund zurückgelassen. Man findet Rockabilly vermischt mit ’77 oder HipHop-Reggae-OldSchoolRock’n’Roll, „Lady Liberty“ klingt im Intro nach Muddy Waters und AC/DC gleichzeitig und „Life won’t wait“ (der Titeltrack) verwandelt sich mit Hilfe von Buju Banton in eine düstere Apokalypse-Nummer über Illuminaten, CIA und Verschwörung die mit zunehmender Laufzeit ungeahnte Intensität entwickelt. Neville Staples unterstüzt die Band auf „Hooligans“ und verhilft dem Stück so zu einem ruffen Skank-Feeling zu dem man gut tanzen aber auch pogen kann. So geht es weiter, RaggaPunk trifft auf Schnulze („Who would have thought?“), „The Wolf“ geht ordentlich voran, „Crane Fist“ vereint düsteren Dub, minimalistische SampleCuts und ein HonkyTonk-Klavier (?) und so könnte man die Liste der Stilkominationen und -brüche endlos fortsetzen. One tune to rule them all, oder so ähnlich und somit mein „Blonde on blonde“. *****

--

Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the block