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Freut mich, dass ich was zum Thema beitragen konnte ;-).
@ Mick 67: Mit der Medikamentenabhängigkeit verhält es sich ähnlich wie mit der Geschichte über Elvis und Nixon. Sie ist in einem größeren Zusammenhang zu sehen, was leider selten gemacht wird. Hinzu kommt, dass Elvis über seine gesundheitlichen Probleme, die eng mit seiner Abhängigkeitsproblematik zusammenhängen, auch mit seinem direkten Umfeld wenig bis gar nicht gesprochen hat. Das bedeutet, dass auch die, die häufig vor Ort waren, letztendlich wenig wissen. Und es erklärt auch, weshalb genau dieselbe Gruppe von Leuten, ihre Aussagen immer wieder abwandeln, wenn es neue Erkenntnisse gibt. Für einige scheint es zudem ein riesiges Trauma zu sein.
Was man heute weiß, ist, dass Elvis tatsächlich erhebliche gesundheitliche Probleme hatte und die auch offenbar schon erheblich früher als sie sichtbar wurden. Diese Probleme waren teilweise erblich bedingt (die Smith von der mütterlichen Seite her starben jung) und er war ein durchaus knapp überlebender Zwilling. Seine Eltern hatten keine Krankenversicherung u. in der Folge auch kein Geld für Medikamente. Dass Elvis schon früh Magen-/Darmprobleme hatte, die nicht näher spezifiziert und auch nicht behandelt wurden, findet sich schon in der Biographie von Elaine Dundy: Elvis & Gladys. Geld für Medikamente und medizinische Versorgung zu haben, war für ihn später sehr wichtig. Es war auch eine Art „added value“ für die fast 100 Personen, die mit ihm auf Tour gingen in den 1970ern, dass er die medizinische Versorgung mit Arzt und Medikamenten übernahm. Daher waren auch längst nicht alle in seinem Namen verschriebenen Medikamente für ihn, dies wurde in der Anhörung und im Verfahren gegen Dr. Nichopoulos 1980/81 auch zweifelsfrei festgestellt.
Es ist auch nicht so, dass verschiedene Ärzte nicht versucht hätten, seinen vielen gesundheitlichen Problemen Herr zu werden, aber sie fanden die Ursachen teilweise nicht bzw. konnten diese nicht beheben und behandelten daher die Symptome. Auch war er bei unterschiedlichen Ärzten in Behandlung, die durchaus namentlich bekannt sind und teilweise 1980/81 im Prozess gegen Nichopoulos ausgesagt haben.
So litt Elvis seit seiner Kindheit unter chronischen Schlafstörungen, erkrankte an grünem Star (der eigentliche Grund für die Pilotensonnenbrille in den 70ern, schon 1971 muss man ihm in einer ziemlich unappetitlichen und schmerzhaften Maßnahme das Augenlicht auf einem Auge retten) in Folge des sog. Morbus Reiter Syndroms, hatte Hypertrophie (Vergrößerung der inneren Organe inkl. des Herzens), schon ab den 1960ern Beschwerden mit der Leber, 1975 wurde zudem von der Mayo-Klinik Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (eine Stoffwechselerkrankung) festgestellt, und eine chronische Darmerkrankung, die 1976/77 in einen Megacolon im Endstadion mündete. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange…
Obendrauf war er abhängig vor allem von Schlafmitteln und teilweise auch von Schmerzmitteln, was besonders zu einem Problem wurde, als er ab 1970 wieder begann, auf Tournee zu gehen. Wo das steht? Es steht teilweise in dem Auszug aus dem Autopsiebericht, den Thompson & Cole in ihrem 1991 veröffentlichten Buch „The Death of Elvis“ veröffentlicht haben und deckt sich verblüffenderweise in großen Teilen mit den Angaben, die Nichopoulos in seinem erst 2010 veröffentlichten Buch macht (habe selbst beide Bücher), wobei Nichopoulos Bericht, das mag viele überraschen, sehr sachlich und lesenswert ist. Übrigens finde ich, dass diese Zusammenhänge recht gut in dem Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Nachleben_Elvis_Presleys beschrieben sind. So wird hier z.B. gut auf die Substanzen und Abbauprodukte eingegangen, die man bei den verschiedenen Toxikologieberichten im Rahmen der Untersuchungen gefunden hat. Es wird auch recht gut erklärt, wie der Staat Tennessee 1994 dazu kam, eine erneute Untersuchung zur Todesursache Elvis Presleys anzustrengen und zu welchem eindeutigen Ergebnis man auch in diesem Verfahren kam, alles mit Quellenangabe.
Weshalb man dies in den meisten Biographien (auch in der exzellent geschriebenen von Guralnick) nicht nachlesen kann, ich kann es Euch nicht sagen. Vielleicht weil Fans das einfach nicht lesen wollen – der Halbgott als gesundheitliches Wrack? Dass ein 42-jähriger Mann mit vielen gesundheitlichen Beschwerden einen Herzstillstand erleidet, finden Ärzte übrigens überhaupt nicht verwunderlich.
@satiee: Der Autopsiebericht ist in weiten Teilen bekannt, man muss nicht bis 2027 warten. Zudem steht dort auch nur das drin, was man 1977 rausgefunden hat – und das war nicht gerade viel, weswegen das ja auch in wilder Spekuliererei und einem Medienspektakel endete. Bei der Untersuchung 1994 war man von den Erkenntnissen dann schon weiter.
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